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Die Transformation der Telekommunikation: Vom ... - MPIfG

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Konvergente Evolution und strukturelle Stabilität 131<br />

gen, dass Substitutionseffekte zwischen Post und Telegrafie, wenn es sie je<br />

gab, eher marginal waren und bei <strong>der</strong> stürmischen Entwicklung bei<strong>der</strong><br />

Kommunikationszweige letztlich von Seiten <strong>der</strong> Post auch nicht wahrgenommen<br />

wurden. Es wird sogar behauptet, dass die vergleichsweise zögerliche<br />

Entwicklung von Telegrafie und Telefonie in Großbritannien auf die beson<strong>der</strong>s<br />

gut organisierte britische Postverwaltung zurückzuführen sei (Hills<br />

1993: 187). Sowohl die Post als auch die Telegrafie waren Wachstumsbranchen<br />

erster Ordnung. Befürchtungen in <strong>der</strong> Art eines Nullsummen-Konflikts<br />

konnten insofern gar nicht aufkommen.<br />

Ein weiterer Grund für mangelndes Integrationsinteresse lag offenbar<br />

darin, dass die meisten staatlichen Telegrafensysteme zumindest in den ersten<br />

Entwicklungsjahrzehnten defizitär waren. <strong>Die</strong> Integration bei<strong>der</strong> Bereiche<br />

bedeutete für die Postverwaltungen anfangs eher eine Last. Quersubventionen<br />

flossen zu jener Zeit noch von <strong>der</strong> Post zur <strong>Telekommunikation</strong>.<br />

Wahrnehmbare Substitutionsbeziehungen entstanden erst zwischen Telegraf<br />

und Telefon. Aber auch hier war <strong>der</strong> Konflikt nicht von Anfang an zu<br />

sehen. Zunächst war das Telefon aus technischen Gründen nur auf lokale<br />

Reichweiten begrenzt. Beide <strong>Telekommunikation</strong>stechniken kamen sich anfangs<br />

nur selten in die Quere. Nachdem dank <strong>der</strong> Verbesserung von Isolierungstechniken<br />

die lokalen Beschränkungen immer weiter ausgedehnt werden<br />

konnten, entwickelte sich das Telefon mehr und mehr zu einem direkten<br />

Konkurrenten des Telegrafen. Damit ging ein Wahrnehmungswandel einher:<br />

Mit dem Bau von Linien zwischen Städten wurde die hohe funktionelle Äquivalenz<br />

bei<strong>der</strong> Systeme zunehmend sichtbar.<br />

Nachdem die Substitutionseffekte deutlich wurden, begannen sowohl<br />

private (USA) als auch staatliche Telegrafenmonopolisten (Großbritannien,<br />

Frankreich, Italien) in relativ kurzer Zeit eben jene Interessen zu entwickeln,<br />

wie sie in den Rent-seeking-Ansätzen allgemein unterstellt werden. Je nach<br />

Möglichkeit versuchten die Post- und Telegrafenverwaltungen, sich die entstehenden<br />

Telefonsysteme entwe<strong>der</strong> einzuverleiben, o<strong>der</strong>, sofern dies nicht<br />

möglich war, sie über trickreich formulierte Konzessionsbedingungen zu<br />

bremsen, wie das italienische Beispiel zeigte. Beim Telefon wurden Anfang<br />

<strong>der</strong> 1880er-Jahre in Frankreich noch private Gesellschaften zugelassen, die<br />

sich aber bald auf lokale Netze beschränken mussten. Ähnlich verlief die<br />

Entwicklung in Großbritannien, wo es bezüglich <strong>der</strong> Natur des Telefons innerhalb<br />

<strong>der</strong> Postverwaltung noch lange Zeit verschiedene Wahrnehmungen<br />

gab (Hills 1993). Wegen <strong>der</strong> mit den Altlasten <strong>der</strong> Telegrafenverstaatlichung<br />

zusammenhängenden Finanzrestriktionen durch das Treasury Department<br />

wäre die Post Office selbst mit starkem Interesse nicht in <strong>der</strong> Lage

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