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Die Transformation der Telekommunikation: Vom ... - MPIfG

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Diffusion, nationale <strong>Transformation</strong>en und globale Konvergenz 271<br />

noch eine Großzahl syndikalistischer Betriebsgewerkschaften (Goetschy/<br />

Jobert 1993: 149–151).<br />

Obwohl <strong>der</strong> gewerkschaftliche Organisationsgrad für die gesamte französische<br />

Wirtschaft sehr niedrig ist, gilt dies nicht für das Post- und Fernmeldewesen.<br />

Sehr viele Beschäftigten sind dort organisiert. Sogar 35 Prozent<br />

<strong>der</strong> Arbeitnehmer dieses Sektors sind Mitglied in <strong>der</strong> militanten CGT. Darüber<br />

hinaus gibt es im französischen Post- und Fernmeldewesen weitere<br />

zehn Gewerkschaften und Gewerkschaftsbünde (Ebbinghaus/Visser 2000:<br />

264–268).<br />

Schon bei den verschiedenen Reforminitiativen Anfang <strong>der</strong> 70er-Jahre<br />

und beson<strong>der</strong>s in den beiden Gesetzgebungsverfahren 1986–1987 und<br />

1989–1990 waren die Gewerkschaften in <strong>der</strong> Lage, bemerkenswerte Mobilisierungsaktivitäten<br />

zu lancieren und letztlich politisch Einfluss zu nehmen.<br />

<strong>Die</strong>s wurde zweifellos durch den Umstand geför<strong>der</strong>t, dass eine sozialistische<br />

Regierungspartei wegen ihrer starken Gewerkschaftsbindung die Arbeitsinteressen<br />

in höherem Maße berücksichtigen musste, als es bei <strong>der</strong> Mitte-<br />

Rechtsregierung <strong>der</strong> Fall gewesen wäre. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite war aber<br />

auch das rechtsliberale Lonquet-Gesetz hauptsächlich am gewerkschaftlichen<br />

Wi<strong>der</strong>stand gescheitert (Chamoux 1993). Schließlich konnten die Gewerkschaften<br />

ihre Positionen auch in <strong>der</strong> jüngsten Reform durch Verhandlungen<br />

mit <strong>der</strong> Regierungen weitgehend durchsetzen.<br />

Es lässt sich das Fazit ziehen, dass sowohl den Wirtschafts- als auch den<br />

Arbeitsinteressen in Frankreich eine relativ schwache Position in politischen<br />

Entscheidungsprozessen zukommt. Verbunden mit <strong>der</strong> starken und kompakten<br />

Regierungsbürokratie führt dies in Frankreich häufig zur Politik <strong>der</strong><br />

Straße (Demonstrationen, Streiks usw.), die selbst einen starken Staat zuweilen<br />

verwundbar erscheinen lässt.<br />

Insgesamt lässt sich das französische kollektive Entscheidungssystem als<br />

Kombination aus einem starken Regierungs- und Verwaltungsbereich, einem<br />

schwachen Parlament und schließlich einem eher schwachen Bereich organisierter<br />

gesellschaftlicher Interessen beschreiben, was eine relativ hohe<br />

strukturelle Handlungsfähigkeit ergibt. Kombiniert mit einer mittleren institutionellen<br />

Verankerung und einer status-quo-lastigen Interessenstruktur<br />

waren institutionelle Verän<strong>der</strong>ungen daher eher unwahrscheinlich. Erst<br />

nachdem sich innerhalb des mächtigen Regierungs- und Bürokratiebereichs<br />

ein durch internationale Verän<strong>der</strong>ungen initiierter Präferenzwandel durchsetzte,<br />

wurden diese neu ausgerichteten Interessen durch die stark handlungsfähige<br />

Politikstruktur in relativ kurzer Zeit umgesetzt.

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