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Die Transformation der Telekommunikation: Vom ... - MPIfG

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254 Kapitel 6<br />

Wie erwähnt, nehmen auch die Gewerkschaften in diesem zentralisierten<br />

System gesellschaftlicher Interessen eine starke Position ein. Hierin unterscheidet<br />

sich die deutsche Interessengruppenlandschaft wesentlich von an<strong>der</strong>en<br />

Län<strong>der</strong>n und steht im Kontrast zu <strong>der</strong> Gewerkschaftsfragmentierung<br />

in den USA und Großbritannien sowie den politischen Richtungsgewerkschaften<br />

in Frankreich und Italien. <strong>Die</strong> bundesdeutschen Beschäftigten sind,<br />

wenn man von den übrigen Organisationen (Deutscher Beamtenbund [DBB],<br />

Deutsche Angestelltengewerkschaft [DAG], Christlicher Gewerkschaftsbund<br />

Deutschlands [CGB]) absieht, hauptsächlich in branchenübergreifenden,<br />

relativ »entpolitisierten« Einheitsgewerkschaften organisiert, die auf<br />

nationaler Ebene in einer einzigen Gewerkschaftshierarchie zusammengefasst<br />

sind. Hier rangiert die Postgewerkschaft mit ihrer Mitglie<strong>der</strong>zahl von<br />

500.000 entsprechend an vierter Stelle. Wie bereits erwähnt, waren in den<br />

80er-Jahren mehr als 70 Prozent <strong>der</strong> Beschäftigten Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> DPG. Im<br />

Deutschen Postverband des DBB waren rund 10 Prozent, und etwa weitere<br />

5 Prozent <strong>der</strong> Postbeschäftigten waren in <strong>der</strong> christlich-demokratischen Postgewerkschaft<br />

(CGB) organisiert (Werle 1990: 96). Eine wichtige Ressource<br />

<strong>der</strong> DPG ist die relativ enge Parteibindung zur SPD, was im konsensorientierten<br />

deutschen System insofern von Bedeutung ist, als die Opposition<br />

sehr stark in Entscheidungsprozesse integriert ist.<br />

Aus dieser bundesdeutschen Politikstruktur folgen Politikentscheidungen,<br />

die sich nur über ein Netzwerk unterschiedlicher Gruppenverhandlungen<br />

durchsetzen lassen: zwischen Koalitionsparteien; zwischen Bund und<br />

Län<strong>der</strong>n; zwischen Postministerium und an<strong>der</strong>en Bundesressorts; zwischen<br />

den staatlichen Akteuren und den außerstaatlichen gesellschaftlichen Interessen.<br />

Abrupte institutionelle Reformen sind innerhalb <strong>der</strong>artiger Verflechtungsstrukturen<br />

nur wenig wahrscheinlich. Gelingt es den Beteiligten doch,<br />

sich auf einen gemeinsamen Nenner zu einigen, sind die hieraus folgenden<br />

Verän<strong>der</strong>ungen selten radikal. Wenn Wandel im deutschen System überhaupt<br />

stattfindet, setzt er sich nur inkrementell durch.<br />

<strong>Die</strong> Kombination einer Interessenstruktur, in <strong>der</strong> die mächtigsten Akteure<br />

zum Status quo tendieren, mit einer institutionellen Verankerung, die für radikalere<br />

Verän<strong>der</strong>ungen das Überschreiten hoher Zustimmungsbarrieren<br />

voraussetzt, und die eben skizzierte, stark verflochtene Entscheidungsstruktur<br />

lassen die Prognose einer »ausbleibenden Wende« im <strong>Telekommunikation</strong>sbereich<br />

von Douglas Webber (1986) im Nachhinein als durchaus<br />

berechtigt erscheinen. Dass Ende des Jahrzehnts dann doch eine − wenn<br />

auch mo<strong>der</strong>ate − Reform herauskam, lag insbeson<strong>der</strong>e daran, dass viele relevante<br />

Akteure auf den handelspolitischen Druck <strong>der</strong> USA und die von <strong>der</strong>

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