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Die Transformation der Telekommunikation: Vom ... - MPIfG

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250 Kapitel 6<br />

Kabinettsprinzip). <strong>Die</strong>s besagt, dass im Rahmen <strong>der</strong> Kanzlerrichtlinien und<br />

<strong>der</strong> Kabinettsentscheidungen je<strong>der</strong> Minister sein Ressort selbständig und in<br />

eigener Verantwortung leitet. Nach Mayntz/Scharpf (1975: 67) besteht eine<br />

Hauptfacette des Politikprozesses auf <strong>der</strong> Ministerialverwaltungsebene in<br />

<strong>der</strong> beträchtlichen Dezentralisierung. <strong>Die</strong> Minister verfügen über ein eigenes<br />

Weisungs- und Organisationsrecht, das eine Intervention des Bundeskanzlers<br />

in die einzelnen Ressorts zwar nicht unmöglich, aber doch vergleichsweise<br />

schwierig macht. <strong>Die</strong>s führt zu einer starken Stellung <strong>der</strong> einzelnen<br />

Ministerien im Politikprozess, vergleichbar etwa mit jener im japanischen<br />

System. Der Unterschied besteht darin, dass die deutschen Minister weniger<br />

häufig wechseln und deshalb innerhalb ihrer eigenen Bürokratie über eine<br />

stabilere Position verfügen.<br />

Im <strong>Telekommunikation</strong>sbereich ist diese Eigenständigkeit des Regierungsressorts<br />

beson<strong>der</strong>s stark ausgeprägt. Wie erwähnt besaß das deutsche Postund<br />

Fernmeldewesen auf Regierungsebene − an<strong>der</strong>s als in Großbritannien<br />

o<strong>der</strong> Frankreich − schon immer eine starke Autonomie. Im Unterschied zu<br />

den genannten Län<strong>der</strong>n war dies in <strong>der</strong> Regel ein eigenständiges Ministerium,<br />

niemals Juniorministerium o<strong>der</strong> Abteilung eines übergeordneten Fachministeriums<br />

(zum Beispiel des Finanzministeriums). Bereits in <strong>der</strong> Weimarer Republik<br />

wurde die oberste Leitung <strong>der</strong> Post jedoch in ein Reichsministerium<br />

umgewandelt, das gegenüber den übrigen Ministerien eine formal gleichwertige<br />

Stellung erhielt. Da <strong>der</strong> Verwaltungsunterbau dieses Ministeriums<br />

seit 1924 weitgehend finanziell autonom war (bundeseigenes Vermögen),<br />

war das Postministerium letztlich das unabhängigste Ministerium überhaupt.<br />

<strong>Die</strong>se Autonomie war jedoch insoweit begrenzt, als diverse Entscheidungsverflechtungen<br />

existierten, auf <strong>der</strong>en Grundlage bei wichtigen post- und fernmeldepolitischen<br />

Entscheidungen noch weitere Fachministerien (insbeson<strong>der</strong>e<br />

das Innen-, Finanz- und Wirtschaftsministerium) zu beteiligen waren.<br />

Zu den Gegentendenzen in diesem dezentralisierten Regierungssystem<br />

gehört die schon erwähnte Parteienherrschaft, darüber hinaus auch die relativ<br />

starke Stellung des Bundeskanzlers. Ein bekanntes Prinzip des deutschen<br />

Regierungssystems ist das Kanzlerprinzip, nach dem <strong>der</strong> Bundeskanzler die<br />

Richtlinien <strong>der</strong> Politik bestimmt und dafür die Verantwortung trägt. Wichtige<br />

Durchsetzungsmittel hierzu sind ein vergleichsweise gut ausgestatteter<br />

Apparat (Bundeskanzleramt) und eine ganze Reihe spezieller Kompetenzen,<br />

wie etwa die <strong>der</strong> Ministerernennung und die letztendliche Organisationsgewalt<br />

über die Bundesregierung, was trotz Ressortautonomie auch die Möglichkeit<br />

einschließt, die Zahl <strong>der</strong> Ministerien und <strong>der</strong>en Zuständigkeiten zu<br />

beeinflussen. Schließlich ist <strong>der</strong> Kanzler durch das konstruktive Misstrau-

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