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Die Transformation der Telekommunikation: Vom ... - MPIfG

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226 Kapitel 6<br />

<strong>Die</strong> formellen Merkmale reichen für eine realistische Beurteilung politischer<br />

Prozesse jedoch nicht aus. Wichtig in <strong>der</strong> japanischen Politik sind beson<strong>der</strong>s<br />

die informellen Strukturen, die − weit stärker als in den übrigen<br />

Län<strong>der</strong>n − formelle Entscheidungsstrukturen überlagern. Lucian Pye (1989)<br />

beschrieb diese Doppelbödigkeit japanischer Politik einmal mit dem Begriff<br />

<strong>der</strong> »Unausgesprochenheit von Macht«. Er hebt dabei hervor, dass sich die<br />

richtungsbestimmenden politischen Prozesse in Japan weitgehend im Verborgenen<br />

abspielen, während das lautstarke Parteiengeplänkel an <strong>der</strong> Oberfläche<br />

politische Entscheidungen nur wenig berührt. <strong>Die</strong>s bedeutet, dass Analysen<br />

japanischer Politik, in denen beispielsweise informelle Personennetzwerke<br />

zwischen Bürokratie und Wirtschaft sowie die starke bürokratische<br />

Sektionalisierung nicht berücksichtigt sind, das Wesentliche an <strong>der</strong> japanischen<br />

Innenpolitik übersehen.<br />

Der Umstand, dass relevante Politikentscheidungen in Japan weniger<br />

durch Oberflächenpolitik als durch informelle Hintergrundstrukturen bestimmt<br />

werden, hat zu einem breiten Spektrum konkurrieren<strong>der</strong> Politikmodelle<br />

geführt. Während eine Gruppe davon ausgeht, dass politische Entscheidungen<br />

vornehmlich in mächtigen Ministerialbürokratien getroffen werden<br />

(Bürokratiemodell), wird die politische Macht von einer an<strong>der</strong>e Schule in<br />

einem von <strong>der</strong> Großwirtschaft (Zaikai) dominierten und mit <strong>der</strong> Bürokratie<br />

gebildeten Machtblock bestimmt (Modell Japan-AG). Beide Modelle befinden<br />

sich gegenwärtig jedoch in <strong>der</strong> Defensive. In verschiedenen Untersuchungen<br />

wurde deutlich, dass sowohl die intrabürokratischen Strukturen als<br />

auch die Beziehungen zwischen Bürokratie und Wirtschaft weniger harmonisch<br />

ausgeprägt sind, als häufig angenommen wurde. Insbeson<strong>der</strong>e wird<br />

seit einiger Zeit <strong>der</strong> parteiparlamentarische Bereich wie<strong>der</strong> höher bewertet<br />

(Muramatsu/Krauss 1984).<br />

Der gemeinsame Nenner dieser neuen Einsichten scheint letztlich zu sein,<br />

dass politische Entscheidungen in Japan aus komplexen Aushandlungsprozessen<br />

zwischen (und innerhalb) <strong>der</strong> bis Anfang <strong>der</strong> 90er-Jahre permanent<br />

regierenden LDP, <strong>der</strong> Ministerialbürokratie und <strong>der</strong> Großwirtschaft hervorgingen.<br />

Informelle intra- und interorganisatorische Beziehungsnetzwerke<br />

zwischen den Großgruppen erfüllen hier eine wichtige Koordinationsfunktion<br />

(Craig 1975; Pye 1989). <strong>Die</strong> in diesem Kontext stattfindenen Vorklärungsprozesse<br />

werden in Japan »Wurzelbehandlung« (»nemawashi«) genannt:<br />

The primary reference of this term is to the preparations made in advance of<br />

transplanting a large tree: digging a trench around it, cutting the thick lateral

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