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Die Transformation der Telekommunikation: Vom ... - MPIfG

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256 Kapitel 6<br />

Interessenstruktur<br />

In starkem Kontrast zur britischen und sehr ähnlich zur amerikanischen und<br />

japanischen Situation gab es in Frankreich keine relevanten Interessen, die<br />

durch Leistungsdefizite motiviert waren, und die darauf gedrungen haben,<br />

eine institutionelle Reform des französischen <strong>Telekommunikation</strong>ssystems<br />

auf die politische Tagesordnung zu setzen. Eher das Gegenteil war <strong>der</strong> Fall.<br />

Seit Mitte <strong>der</strong> 70er-Jahre hatte sich die DGT eine hervorragende Reputation<br />

erworben; sie galt als die Verkörperung einer effizienten Verwaltung<br />

schlechthin. Von Cohen/Bauer (1986) wurde sie zum Beispiel als »Superstar«<br />

und ein als Verwaltung maskiertes Unternehmen apostrophiert.<br />

<strong>Die</strong>sen Status hatte sich die DGT nicht nur über das erfolgreiche Telefonaufholprogramm<br />

erworben, bei dem Frankreichs Telefonnetz innerhalb von<br />

sieben Jahren in die Mo<strong>der</strong>ne katapultiert wurde, son<strong>der</strong>n gleichzeitig auch<br />

durch die Organisationsreformen zu Beginn <strong>der</strong> 70er-Jahre, die dieser Verwaltung<br />

bereits sehr früh ein kommerzielles Outfit verpassten. Um das hervorragende<br />

Image <strong>der</strong> DGT zu verstehen, ist es notwendig, die Anfang <strong>der</strong><br />

70er-Jahre schwelende Telefonkrise kurz zu rekapitulieren: In Bezug auf<br />

Performanz rangierte Frankreich damals unter den hier untersuchten Län<strong>der</strong>n<br />

an letzter Stelle. Dass es <strong>der</strong> DGT dann mit einem »großen Sprung«<br />

gelang, selbst die Deutschen und Briten zu überholen, machte diese zum<br />

Superstar. Hinzu kam, dass Frankreich sich in jenen Jahren mit <strong>der</strong> frühzeitigen<br />

Einführung digitaler Vermittlungssysteme eines <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nsten <strong>Telekommunikation</strong>snetze<br />

schuf und mit dem Datenkommunikationsdienst<br />

Transpac eines <strong>der</strong> ersten Län<strong>der</strong> war, das über einen paketvermittelnden<br />

Datendienst verfügte. Schließlich war es <strong>der</strong> DGT zu Beginn <strong>der</strong> 80er-Jahre<br />

als weltweit einziger Fernmeldeverwaltung gelungen, Bildschirmtext zu einem<br />

Massendienst zu machen (Mayntz/Schnei<strong>der</strong> 1988).<br />

Dass unter <strong>der</strong>artigen Umständen leistungsorientierte Verän<strong>der</strong>ungsinteressen<br />

nur eine marginale Rolle spielten, ist nicht verwun<strong>der</strong>lich. Selbst<br />

französischen Großunternehmen, denen man auf Grund von Weltmarktzwängen<br />

»objektive« Liberalisierungsinteressen unterstellen müsste, waren<br />

mit dem DGT-Leistungsangebot vollauf zufrieden. <strong>Die</strong>s mag unter an<strong>der</strong>em<br />

auch daran gelegen haben, dass die französische Industrie in den kommunikationsintensiveren<br />

Branchen nicht das britische Internationalisierungsniveau<br />

aufweist, und dementsprechend auch bescheidenere Kommunikationsansprüche<br />

stellt. Im Vergleich zu den Briten zeigen die französischen Banken<br />

beispielsweise nur eine sehr schwache internationale Präsenz. Hinzu<br />

kommt, dass Paris als Finanzort mit New York, London und Tokio natürlich<br />

nicht zu vergleichen ist.

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