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Die Transformation der Telekommunikation: Vom ... - MPIfG

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Der Ausbruch aus dem Stabilitätsgebiet 193<br />

große Plausibilität. Teske (1990: 6) bewertet die Coll‘sche Erklärung letztlich<br />

auch als als eine »0,1-Wahrscheinlichkeitserklärung«.<br />

Ein interessantes Gedankenexperiment wäre sicherlich die Frage, wie <strong>der</strong><br />

institutionelle Wandel abgelaufen wäre, wenn die amerikanische <strong>Telekommunikation</strong><br />

zu Beginn des Jahrhun<strong>der</strong>ts durch eine Verstaatlichung gesetzlich<br />

gebunden worden wäre. Wie in den übrigen Län<strong>der</strong>n wäre dann ein legislativer<br />

Prozess nötig gewesen, allerdings jedoch mit äußerst geringer Erfolgswahrscheinlichkeit.<br />

Zweifellos hätten die strukturellen und institutionellen<br />

Eigenschaften des US-Kongresses eine so responsive Produktion von<br />

Policy-Entscheidungen verhin<strong>der</strong>t, wie diese im regulativen Rahmen möglich<br />

war. Hierzu muss man wissen, dass von den vielen Gesetzesinitiativen<br />

im US-Kongress in <strong>der</strong> Regel nur wenige – etwa 5 Prozent − erfolgreich<br />

sind. In <strong>der</strong> Periode von 1977 bis 1978 wurden beispielsweise von mehr als<br />

22.000 Gesetzen nur rund 650 von <strong>der</strong> Regierungsbürokratie eingereicht.<br />

Erfolgreich davon waren letztlich ganze 44 (Ouchi 1984: 148). <strong>Die</strong> wichtigsten<br />

legislativen Handlungsbarrieren dabei sind, darin ist sich die Fachliteratur<br />

weitgehend einig, die starke institutionelle Dezentralisierung und die<br />

damit zusammenhängende Vielzahl von Vetopositionen. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Seite heißt dies aber nicht, dass <strong>der</strong> amerikanische Staat damit kollektiv insgesamt<br />

weniger entscheidungs- und handlungsfähig wäre. Seine Handlungsfähigkeit<br />

ist lediglich stärker verstreut und in starkem Maße auch auf die<br />

unabhängigen Regulierungsagenturen konzentriert.<br />

Der institutionelle Wandel in <strong>der</strong> <strong>Telekommunikation</strong> in den USA ist somit<br />

das Ergebnis langfristiger Auseinan<strong>der</strong>setzungen, wenn man so will, eines<br />

»Dreißigjährigen Krieges«, <strong>der</strong> sehr langsam anfing, sich über Jahrzehnte<br />

hinzog, dann aber nicht allmählich ermattet, son<strong>der</strong>n in einem Großgefecht<br />

endete. Er erklärt sich aus <strong>der</strong> Verkettung vieler Interessenkämpfe, in denen<br />

die Verteidiger im Laufe <strong>der</strong> Zeit jedoch immer öfter verloren. <strong>Die</strong> Erklärung<br />

des Wandels in den USA liegt damit letztlich in <strong>der</strong> langfristigen Verän<strong>der</strong>ung<br />

soziopolitischer Kräfteverhältnisse zu Gunsten von Deregulierung<br />

und Liberalisierung, die aber dort nur auf Grund spezifischer institutioneller<br />

Bedingungen möglich waren, die in Europa so nicht existierten. Einzelne<br />

Gefechte, auch große, waren jeweils stark durch das situative Zusammentreffen<br />

von Faktoren bestimmt. Insofern war <strong>der</strong> spezifische Ausgang bei<br />

<strong>der</strong> Umstrukturierung nicht zwingend. Wie Steve Coll (1986) überzeugend<br />

darstellt, wäre die AT&T-Zerlegung von Pentagon und Handelsministerium<br />

fast noch verhin<strong>der</strong>t worden. <strong>Die</strong> Gesamtentwicklung war damit ein dezentraler<br />

und hoch kontingenter (0,1-Wahrscheinlichkeits-)Prozess, und bei

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