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Die Transformation der Telekommunikation: Vom ... - MPIfG

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282 Kapitel 6<br />

<strong>Die</strong>se mikrosektionale Gesetzgebung produziert einen Hyperinkrementalismus,<br />

<strong>der</strong> größere Verän<strong>der</strong>ungen unmöglich macht. Letztlich ging die Regierung<br />

auch im Falle <strong>der</strong> <strong>Telekommunikation</strong>sreform zunächst den Weg<br />

des Dekretgesetzes.<br />

Gesellschaftliche Interessen<br />

Bei <strong>der</strong> Stellung organisierter Interessen in politischen Entscheidungsprozessen<br />

wird Italien oft mit Frankreich verglichen − obwohl die französische<br />

Bürokratiedominanz und die italienische Parteienherrschaft zu unterschiedlichen<br />

Einbindungslogiken gesellschaftlicher Interessen führen. Auch in<br />

Italien sind sowohl Unternehmerverbände als auch Gewerkschaften in ähnlicher<br />

Weise fragmentiert und häufig in unterschiedliche weltanschauliche<br />

Lager gespalten. An<strong>der</strong>s als in Frankreich sind jedoch die über Parteiapparate<br />

vermittelten Einflussbeziehungen organisierter Interessen von Bedeutung,<br />

die von Joseph La Palombara (1964) seinerzeit mit dem Begriff »parentela«<br />

belegt worden sind.<br />

Wie allgemein in Europa sind die italienischen Wirtschaftsinteressen umfassend<br />

organisiert, das Zentralisationsniveau ist aber weniger hoch als in<br />

Deutschland. Obwohl die italienischen Unternehmer mit ihrer Confindustria<br />

einen äußerst ressourcenstarken und politisch bedeutenden industriellen<br />

Dachverband besitzen (Coleman/Grant 1988), verfügt dieser aber nicht über<br />

jene unanfechtbare Position wie beispielsweise <strong>der</strong> deutsche BDI o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

japanischen Keidanren. <strong>Die</strong> Stellung <strong>der</strong> Confidustria ist insofern problematisch,<br />

als dieser Verband nicht für alle Unternehmerinteressen sprechen<br />

kann. <strong>Die</strong>s war nicht immer so. Folgt man den Beobachtungen von Joseph<br />

La Palombara (1964) und Alberto Martinelli (1979), so war die Confindustria<br />

in <strong>der</strong> frühen Nachkriegszeit wesentlich einflussreicher als heute.<br />

Der Positionsverlust setzte hauptsächlich in den 60er- und 70er-Jahren ein,<br />

als die Staatsindustrien mit einem eigenen Verband in die politische Arena<br />

drängten. Bereits in den 60er-Jahren lösten sich IRI (Istituto per la Ricostruzione<br />

Industriale) und ENI (Ente Nazionale Idrocarburi) von <strong>der</strong> Confindustria<br />

und gründeten Intersind, <strong>der</strong> die Confindustria zuweilen fast ausmanövrierte.<br />

Jede dieser wirtschaftlichen Machtgruppen betrieb ihr eigenes<br />

Lobbying und finanzierte unterschiedliche Parteien und Parteifaktionen<br />

gleichzeitig, wobei die dominante Regierungspartei natürlich bevorzugt<br />

wurde. Hierdurch entstand ein robustes System von Klientelbeziehungen<br />

zwischen Wirtschaft und Parteipolitik, die parteipolitische Spaltungen in die<br />

Organisationsstruktur von Wirtschaftsinteressen transponierten (Martinelli

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