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Die Transformation der Telekommunikation: Vom ... - MPIfG

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Konvergente Evolution und strukturelle Stabilität 149<br />

System <strong>der</strong> »participazioni statali« bei britischen Sozialdemokraten sogar<br />

als Orientierungsmodell (Holland 1972). Erst nachdem in den 70er-Jahren<br />

die Preisregulierung für inflationspolitische Zwecke missbraucht wurde,<br />

musste dies auch unter einer privaten Rechtsform zu einer zunehmenden<br />

Auszehrung des Systems führen.<br />

Im Gegensatz zu den privaten Systemen lagen die Schwächen <strong>der</strong> staatlichen<br />

Systeme Europas und Japans hauptsächlich darin, dass die Bewältigung<br />

<strong>der</strong> Monopolisierungs- und <strong>der</strong> Infrastrukturprobleme mit <strong>der</strong> Verstaatlichungslösung<br />

zu einigen unerwünschten Folgeproblemen führte. Einer<br />

dieser Nachteile, auf die in Frankreich, Großbritannien und Deutschland bereits<br />

früh hingewiesen wurde, war die verbeamtete Mitarbeiterschaft. In<br />

Frankreich wurde diese Kritik von dem bekannten Organisationswissenschaftler<br />

Henri Fayol (1921: 208) geäußert. In Deutschland thematisierte<br />

dies zum Beispiel Staatssekretär Feyerabend, <strong>der</strong> auf seiner USA-Reise erfuhr,<br />

dass ein amerikanischer Telegrafist doppelt so produktiv war wie ein<br />

deutscher Telegrafenbeamte:<br />

Meines Erachtens ist die chronische Verkümmerung des Telegrammverkehrs in<br />

den europäischen Staaten nicht so sehr in unabän<strong>der</strong>lichen inneren Verhältnissen<br />

dieser Staaten … begründet, als vielmehr im Telegraphenbetrieb selbst, wie er in<br />

Europa gehandhabt wird. … Das Haupthin<strong>der</strong>nis liegt hier in zu niedriger Leistung<br />

des Personals. Es ist mir schmerzlich, sagen zu müssen, dass die durchschnittliche<br />

Telegraphierleistung eines amerikanischen Telegraphisten wohl<br />

doppelt so groß ist wie die eines deutschen Beamten. (Feyerabend 1928: 88)<br />

Noch wichtiger war, dass mit einer Verstaatlichung die techno-ökonomische<br />

Systementwicklung nun vorwiegend politischen Steuerungskriterien unterworfen<br />

wurde – mit allen Folgen für Tarifbildung, Planung und Netzallokation.<br />

Zwar war unter staatlichen Bedingungen eine Verfolgung gemein- o<strong>der</strong><br />

gesamtwirtschaftlicher Ziele leichter möglich. Gleichzeitig öffnete dies aber<br />

Tür und Tor für Entscheidungs- beziehungsweise Effizienzkriterien, die oft<br />

ziemlich wenig mit den Anfor<strong>der</strong>ungen einer gesamtwirtschaftlich orientierten<br />

<strong>Telekommunikation</strong>sstruktur zu tun hatten − beispielsweise die Orientierung<br />

an finanz-, sozial-, geld- und medienpolitischen Zielen. In manchen<br />

Län<strong>der</strong>n führte dies dazu, dass die Kurzatmigkeit parlamentarischer<br />

Parteienpolitik negativ auf die eher langfristigen infrastrukturellen Planungsanfor<strong>der</strong>ungen<br />

durchschlug. Beson<strong>der</strong>s in Italien waren <strong>der</strong>artige Effekte in<br />

verschiedenen Phasen <strong>der</strong> Telefonentwicklung unübersehbar.<br />

Infrastrukturpolitik und Parteienkonkurrenz verfügen über unterschiedliche<br />

Temporalstrukturen. Infrastrukturpolitische Planungs- und Umsetzungshorizonte<br />

sind ausgesprochen langfristig (Frey 1977: 139–152). Von <strong>der</strong> Ini-

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