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Die Transformation der Telekommunikation: Vom ... - MPIfG

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252 Kapitel 6<br />

gresskomitees. Für viele Jahrzehnte hatte dieses System zu einer hohen<br />

Quote einstimmig verabschiedeter Gesetze geführt, die erst mit dem Einzug<br />

<strong>der</strong> Grünen in den Bundestag deutlich sank (Saalfeld 1990).<br />

Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite sollte allerdings nicht übersehen werden, dass die<br />

deutschen Parlamentsausschüsse, etwa im Unterschied zu den italienischen,<br />

keine eigenständigen Entscheidungskompetenzen haben. Sie können nur<br />

Empfehlungen an das Plenum geben, das sich in <strong>der</strong> Regel allerdings auch<br />

daran orientiert. Dass eine <strong>der</strong>artige Kopplung gelingt, liegt jedoch weniger<br />

an einer beson<strong>der</strong>s starken Homogenität <strong>der</strong> deutschen Parteien, als an einer<br />

ausgeprägten Fraktionsdisziplin (Saalfeld 1990). In beiden Volksparteien existieren<br />

zum Teil stark divergierende Strömungen regionaler o<strong>der</strong> weltanschaulicher<br />

Natur. Dass dieser parteiinterne Pluralismus sich nicht im Abstimmungsverhalten<br />

nie<strong>der</strong>schlägt, ist das Ergebnis eines wirksamen Fraktionszwangs,<br />

aber auch komplexer innerparteilicher Verhandlungen in vielen<br />

Arbeitskreisen <strong>der</strong> Parteien. <strong>Die</strong> parteiinternen Ausschusssysteme verhin<strong>der</strong>n<br />

gleichzeitig auch, dass die innerparteiliche Willensbildung in politischen<br />

Entscheidungsprozessen zu stark von Kabinett und Ministerialbürokratie<br />

dominiert wird. Hierdurch werden Verhandlungszwänge gesetzt, und<br />

Kompromissorientierung wird geför<strong>der</strong>t, obwohl dies nicht bedeutet, dass<br />

Regierung und Parteiführung, meist in Personalunion, gegenüber <strong>der</strong> Parlamentsfraktion<br />

langfristig nicht am längeren Hebel säßen. <strong>Die</strong>s machte gerade<br />

die parteiinterne Behandlung <strong>der</strong> <strong>Telekommunikation</strong>sreform in <strong>der</strong><br />

CDU/CSU-Fraktion deutlich, in <strong>der</strong> sehr unterschiedliche Orientierungen<br />

zu Tage getreten waren (Webber 1986: 404; Morgan/Webber 1986: 70–71;<br />

Grande 1989: 265–271), die Ministerialbürokratie es aber dennoch schaffte,<br />

die Flamme <strong>der</strong> parteiinternen Diskussion relativ klein zu halten (Jäger<br />

1994).<br />

An<strong>der</strong>erseits lässt sich die geringe Politisierung <strong>der</strong> <strong>Telekommunikation</strong>sreform<br />

− zumindest bei <strong>der</strong> Postreform I − auch als Nachwirkung <strong>der</strong> traditionellen<br />

Einbettung <strong>der</strong> bundesdeutschen Fernmeldepolitik deuten. Deren<br />

Beson<strong>der</strong>heit bestand darin, dass mit <strong>der</strong> Herauslösung des Posthaushalts<br />

aus dem parlamentarisch kontrollierten Staatsbudget die große Mehrzahl <strong>der</strong><br />

fernmeldepolitischen Entscheidungen dem direkten Zugriff parlamentarischer<br />

Politik entzogen und in ein System funktionaler Interessenvermittlung<br />

(Postverwaltungsrat) verlagert worden war. Hier waren neben den aus dem<br />

Parlament delegierten Postexperten auch allgemeine, für das Fernmeldewesen<br />

relevante Gesellschaftsinteressen (Wirtschaftsinteressen, Gewerkschaften<br />

usw.) vertreten.

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