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Die Transformation der Telekommunikation: Vom ... - MPIfG

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150 Kapitel 4<br />

tiierung einer Infrastrukturinvestition bis zum Abwerfen politischer Erträge<br />

können Jahrzehnte vergehen. In parlamentarischen Systemen mit wesentlich<br />

kürzeren Wahlzyklen besteht somit eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die<br />

Initiatoren staatlicher Infrastrukturinvestitionen nicht mehr in den »politischen<br />

Genuss« <strong>der</strong> Erträge kommen (Canes 1966).<br />

In relativ stabilen politischen Systemen, in denen parlamentarische Mehrheiten<br />

und darauf ruhende Regierungen hohe Lebenserwartungen besitzen,<br />

mag eine solche Spannung zwischen unterschiedlichen Zeithorizonten relativ<br />

gering sein. Äußerst negativ wirkten diese Zusammenhänge jedoch in<br />

Systemen wie Italien, Frankreich, Großbritannien und teilweise auch in <strong>der</strong><br />

Weimarer Republik. Italien hatte während <strong>der</strong> letzten hun<strong>der</strong>t Jahre mehr als<br />

70 Postminister − noch mehr als Premierminister. In Frankreich waren in<br />

einem etwas kleineren Zeitraum 68 verschiedene Minister für den Postbereich<br />

zuständig; Großbritannien hatte in diesem Zeitraum 42, Deutschland<br />

nur 22 Generalpostmeister beziehungsweise Postminister. In Italien allgemein<br />

und in Frankreich während <strong>der</strong> Vierten Republik scheint das Postressort<br />

häufig ein »bargainingchip« im interparteilichen Interessenausgleich<br />

<strong>der</strong> vielen Koalitionsregierungen gewesen zu sein. Durch die Autonomisierungsmaßnahmen<br />

im Finanzbereich wurden diese politischen Einflüsse zwar<br />

abgeschwächt, ihre negativen Wirkungen aber nicht vollkommen beseitigt.<br />

Schließlich muss gesehen werden, dass die Stellung <strong>der</strong> <strong>Telekommunikation</strong>sverwaltung<br />

im budgetpolitischen Verteilungskampf immer relativ<br />

schwach war und sie es generell schwer hatte, sich gegenüber unmittelbar<br />

sichtbaren und eher kurzfristigen Zielen durchzusetzen.<br />

Vor diesem Hintergrund tendierten die staatlichen Systeme allgemein zu<br />

Ressourcenknappheit. Viele befanden sich in einem chronischen Wachstumsdilemma,<br />

in dem niedrige Tarife zwar ein hohes Nachfragewachstum<br />

induziert hätten, dieses auf eigenwirtschaftlicher Basis aber nicht finanziert<br />

werden konnte. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite wären über hohe Tarife zwar die notwendigen<br />

Investitionen zu finanzieren gewesen, diese aber dann zu einer<br />

niedrigeren Nachfrage führten. Grundlegende Besserungen zeigten sich in<br />

diesen Systemen erst, als die Bedeutung <strong>der</strong> Kommunikationsinfrastruktur<br />

von Politikern erkannt wurde war − sei es als Instrument für nationale Industrieför<strong>der</strong>ungsmaßnahmen<br />

o<strong>der</strong> für parteipolitische Medienpolitik. <strong>Die</strong><br />

bekanntesten Beispiele für die industriepolitische Entdeckung und Instrumentalisierung<br />

<strong>der</strong> <strong>Telekommunikation</strong> sind Japan und Frankreich. Verglichen<br />

mit den Finanzierungs- und Planungsvorteilen des amerikanischen<br />

Systems, das trotz privater Verfassung die öffentlichen Infrastruktur- und<br />

Wohlfahrtsziele nicht weniger effizient verfolgte als die europäischen und

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