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Die Transformation der Telekommunikation: Vom ... - MPIfG

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236 Kapitel 6<br />

Hierzu zählen zum einen supranationale Ressourcen und Kompetenzen <strong>der</strong><br />

Kommission, an<strong>der</strong>erseits aber auch das weithin am Case-Law orientierte<br />

EG-Rechtssystem. An<strong>der</strong>s als in OECD und GATT konnten <strong>der</strong> Ministerrat,<br />

die Kommission und insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Europäische Gerichtshof (EuGH)<br />

seine Mitglie<strong>der</strong> − innerhalb gewisser Grenzen − auch gegen ihren Willen<br />

zwingen, bestimmte Liberalisierungsmaßnahmen durchzuführen. Solche<br />

Hierarchieelemente sind einerseits in den Initiativ-, Politikformulierungsund<br />

Rechtsetzungskompetenzen <strong>der</strong> EG-Kommission (insbeson<strong>der</strong>e Art. 90<br />

Abs. 3 <strong>der</strong> Verträge) zu finden, an<strong>der</strong>erseits natürlich in <strong>der</strong> Stellung des<br />

Europäischen Gerichtshofs, <strong>der</strong> den Mitgliedslän<strong>der</strong>n die Anpassung nationaler<br />

Gesetze an das EG-Recht vorschreiben kann. Über das EG-Recht kann<br />

sich damit eine Entwicklung entfalten, die <strong>der</strong> amerikanischen »judge-made<br />

policy« sehr ähnlich ist (Weiler 1994). Insofern kann eine einzige Gerichtsentscheidung<br />

zu weit reichenden institutionellen Verän<strong>der</strong>ungen führen.<br />

Warum wurden diese im EG-Recht schon immer schlummernden Möglichkeiten<br />

erst in den 80er-Jahren genutzt? Offenbar war innerhalb <strong>der</strong> traditionellen<br />

Ordnung niemand daran interessiert, diesen Munitionskasten zu<br />

öffnen. Erst nachdem das alte Gleichgewicht zerstört worden war, bildeten<br />

sich relevante Kräfte heraus, die auch in <strong>der</strong> <strong>Telekommunikation</strong> auf jene<br />

Integrationsmechanismen zurückgriffen, die in an<strong>der</strong>en Politikfel<strong>der</strong>n (wie<br />

zum Beispiel <strong>der</strong> Umwelt- und Verbraucherpolitik) bereits in den 70er-<br />

Jahren deutliche Wirkungen zeigten (Dehousse/Weiler 1990; Burley/Mattli<br />

1993; Alter/Meunier-Aitsahalia 1994; Joerges 1996).<br />

Wichtiger noch als die rechtlichen Integrationszwänge war jedoch das<br />

industriepolitische Engagement <strong>der</strong> EG-Kommission im informations- und<br />

kommunikationstechnischen Bereich seit den frühen 80er-Jahren (Schnei<strong>der</strong>/<br />

Werle 1989; Thatcher 1997). Bis zu jener Zeit besaß die <strong>Telekommunikation</strong><br />

für die europäische Wirtschaftsintegration nur indirekte wettbewerbs- und<br />

handelspolitische Bedeutung (etwa die Öffnung <strong>der</strong> staatlichen Beschaffungsmärkte).<br />

Erst Anfang <strong>der</strong> 80er-Jahre, nachdem die EG-Kommission<br />

mit zunehmendem Nachdruck versuchte, industriepolitische Kompetenzen<br />

an sich zu ziehen, bildete sich die <strong>Telekommunikation</strong> als ein wichtiges industriepolitisches<br />

Feld heraus. Beson<strong>der</strong>s hier war die amerikanisch-japanische<br />

Herausfor<strong>der</strong>ung ein vorteilhafter Hintergrund, vor dem sich die Notwendigkeit<br />

einer industriepolitischen Kompetenzerweiterung <strong>der</strong> Europäischen<br />

Gemeinschaft in überzeugen<strong>der</strong> Weise begründen ließ. Obwohl die<br />

Kommission hierzu von mächtigen Industrieinteressen gedrängt und unterstützt<br />

wurde, besaß sie auch eigene Motive: In dem Bestreben, von <strong>der</strong> »negativen«<br />

auf die »positive Seite« <strong>der</strong> europäischen Integration zu gelangen

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