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Die Transformation der Telekommunikation: Vom ... - MPIfG

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258 Kapitel 6<br />

existierten, konnte sich eine <strong>der</strong>artige Bewegung in Frankreich niemals in<br />

breitem Maße durchsetzten. In <strong>der</strong> allgemeinen Wirtschaftskultur dominiert<br />

eher ein merkantilistischer Grundkonsens, <strong>der</strong> dem Staat in <strong>der</strong> Wirtschaft<br />

eine wichtige Rolle zuweist (Humphreys 1990; Dyson 1991; Cohen 1992).<br />

Der berühmte Staatsdirigismus gegenüber <strong>der</strong> Industrie wird in Frankreich<br />

nicht nur akzeptiert, son<strong>der</strong>n von vielen Industriepolitikern geradezu als<br />

Voraussetzung betrachtet, um in den verschärften geoökonomischen Auseinan<strong>der</strong>setzungen<br />

die Position <strong>der</strong> nationalen Industrie verteidigen zu können.<br />

In diesem Punkt unterscheidet sich die industriepolitische Instrumentalisierung<br />

<strong>der</strong> französischen <strong>Telekommunikation</strong>spolitik von <strong>der</strong> britischen<br />

deutlich. Während die Briten in <strong>der</strong> Liberalisierung eine innovationssteigernde<br />

Strategie erblickten, die indirekt auch zur Schaffung neuer Märkte<br />

beitragen sollte, waren die Franzosen industriepolitisch weitgehend an Konzentration<br />

und Schließung interessiert. Insbeson<strong>der</strong>e nachdem eine Koalition<br />

von Sozialisten und Kommunisten 1981 die Regierungsgewalt übernommen<br />

hatte, bestand ihr Hauptziel darin, die Wettbewerbsfähigkeit <strong>der</strong> französischen<br />

Elektronikfirmen durch Nationalisierung und Fusionsför<strong>der</strong>ung zu<br />

verbessern. Darüber hinaus sollten auch die von Auslandsfirmen dominierten<br />

nationalen <strong>Telekommunikation</strong>smärkte zurückerobert werden. <strong>Die</strong> riesigen<br />

Investitions- und Beschaffungsmaßnahmen im Telefonaufholplan waren<br />

daher nicht nur von infrastrukturpolitischer, son<strong>der</strong>n vor allem auch von industriepolitischer<br />

Relevanz. Im Grunde wurde hier ein »High-Tech-Colbertismus«<br />

(Cohen 1992) praktiziert, <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>ne Infrastruktur- und Industrieentwicklung<br />

auf effektivste Weise vereinigte. Hinter dem Schutzschild <strong>der</strong><br />

DGT wurde eine nationale <strong>Telekommunikation</strong>sindustrie formiert und auf<br />

Weltmarktniveau gezüchtet, welche die bisher dominierenden Auslandsfirmen<br />

dann sukzessive übernahm. <strong>Die</strong> solchermaßen geschützte und unterstützte<br />

Herstellerindustrie war wenig an Marktöffnung interessiert.<br />

Bezeichnend am französischen Kontext ist, dass selbst die Computerindustrie,<br />

die in den übrigen Län<strong>der</strong>n als Liberalisierungsvorhut auftrat, von<br />

diesem High-Tech-Colbertismus enorm profitierte. Hinzu kommt, dass die<br />

eher schwachbrüstigen französischen Computerfirmen ohne einen <strong>der</strong>artigen<br />

Schutzschild auch gar nicht überlebensfähig wären. Vedel (1988) zitiert<br />

in diesem Zusammenhang den Direktor <strong>der</strong> Computerfirma Bull mit den<br />

Worten: »… ouvrir la concurrence dans les télécommunications, c’est la<br />

fermer dans l’informatique«. Ausländische Computerfirmen hingegen, die<br />

am erweiterten Zugang zu Telematikmärkten durchaus interessiert gewesen<br />

wären, verfügen in Frankreich politisch über eine viel randständigere Position<br />

als jene in <strong>der</strong> Bundesrepublik. So wäre es in Frankreich sicher unvorstell-

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