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Die Transformation der Telekommunikation: Vom ... - MPIfG

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Konvergente Evolution und strukturelle Stabilität 141<br />

Während die Einrichtung technischer Gremien in den hier diskutierten nationalen<br />

Systemen spätestens seit Mitte <strong>der</strong> 20er-Jahre beobachtet werden<br />

konnte, unterschieden sich die fünf staatlich kontrollierten Systeme in Bezug<br />

auf den Aufbau eigener F&E-Kapazitäten zum Teil beträchtlich. In<br />

Frankreich, Japan und etwas weniger intensiv auch in Großbritannien wurden<br />

insbeson<strong>der</strong>e nach dem Zweiten Weltkrieg größere Forschungszentren<br />

in <strong>der</strong> <strong>Telekommunikation</strong> aufgebaut. In Deutschland verließ man sich jedoch<br />

bis Ende <strong>der</strong> 70er-Jahre vollkommen auf die Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit<br />

des nationalen Champions Siemens, <strong>der</strong> seit den 20er-Jahre<br />

die Systemführerschaft in <strong>der</strong> deutschen kommunikationstechnologischen<br />

Entwicklung ausübte. Erst das Debakel mit dem elektronischen Vermittlungssystem<br />

EWS führte hierbei zu einer partiellen Umorientierung (Scherer<br />

1985: 290–296; Werle 1990: 249–263). Frankreich und Deutschland bildeten<br />

in dieser Hinsicht lange Zeit die am weitesten voneinan<strong>der</strong> entfernten<br />

Pole. Während in Deutschland vor dem Hintergrund einer nationalen Systemführerschaft<br />

das Vertrauen in die Produzentenfamilie offenbar leichter<br />

fiel, war in <strong>der</strong> französischen <strong>Telekommunikation</strong>sindustrie, die bis in die<br />

70er-Jahre größtenteils von <strong>der</strong> amerikanischen International Telephone and<br />

Telegraph Corporation (ITT) kontrolliert wurde, das Misstrauen stärker verbreitet.<br />

Seit dem Vichy-Regime wurde in diesem Kontext das Centre National<br />

d’Études des Télécommunications (CNET) als ein wichtiges Mittel betrachtet,<br />

durch das nicht nur die Informationsasymmetrie zwischen Industrie<br />

und Verwaltung reduziert, son<strong>der</strong>n gleichzeitig auch die technologische<br />

Kompetenz <strong>der</strong> nationalen Hersteller gestärkt werden sollte.<br />

Zwischen Staatskontrolle und unternehmerischer Autonomie<br />

<strong>Die</strong> ursprüngliche militärische Relevanz des Telegrafen, <strong>der</strong> natürliche Monopolisierungstrend<br />

und die zunehmende infrastrukturelle Bedeutung <strong>der</strong><br />

<strong>Telekommunikation</strong> hatten insgesamt dazu geführt, dass in fünf <strong>der</strong> sechs<br />

untersuchten Län<strong>der</strong> die <strong>Telekommunikation</strong>ssysteme direkt durch den Staat<br />

kontrolliert und in die jeweiligen Staatsverwaltungen integriert wurden.<br />

Sowohl die Entscheidungen über den weiteren Netzausbau als auch die<br />

Festsetzung von Tarifen und an<strong>der</strong>en Nutzungsbedingungen wurden damit<br />

einem politischen Kalkül unterworfen. <strong>Die</strong>s hatte zur Folge, dass telekommunikationspolitische<br />

Entscheidungen in <strong>der</strong> Regel auch durch »sachfremde«<br />

politische Ziele überlagert wurden (beispielsweise Industriepolitik, Fiskalpolitik,<br />

Sozialpolitik). Bedeutsamer war jedoch, dass das Investitionsverhalten<br />

und die Netzexpansion damit stark durch die staatliche Finanzpolitik

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