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Die Transformation der Telekommunikation: Vom ... - MPIfG

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264 Kapitel 6<br />

Weitere Charakteristika <strong>der</strong> französischen Politikstruktur resultieren aus<br />

den Verfassungsän<strong>der</strong>ungen, die zur Fünften Republik führten. Hierbei wurde<br />

das parlamentarische System durch präsidentielle Elementen überformt<br />

und ein Hybridsystem mit einer doppelköpfigen Exekutive geschaffen (King<br />

1990: 225; Weaver/Rockman 1993: 12; Lijphart 1984; Tsebelis 1995). <strong>Die</strong><br />

Machtspitze bildet <strong>der</strong> vom Volk direkt gewählte und dem Parlament nur<br />

mittelbar verantwortliche Präsident. Im Unterschied zur amerikanischen<br />

Verfassung verfügt <strong>der</strong> französische Staatschef allerdings über keine legislative<br />

Vetoposition. Ein weiterer Unterschied zum amerikanischen Präsidentialismus<br />

ist, dass die operativen Regierungsgeschäfte nicht vom französischen<br />

Präsidenten selbst, son<strong>der</strong>n vom Premierminister geführt werden.<br />

Im Gegensatz zum Präsidenten stützt sich dieser auf eine parlamentarische<br />

Mehrheit; er wird allerdings nicht vom Parlament gewählt. Verbunden mit<br />

<strong>der</strong> Dominanz <strong>der</strong> Exekutive über die Legislative führt diese Hybridform zu<br />

einer engeren Verklammerung von Regierung und Parlament als dies in den<br />

USA <strong>der</strong> Fall ist. Hierdurch werden jene Aspekte, die für die amerikanischen<br />

»checks and balances« so charakteristisch sind, fast gänzlich aufgehoben.<br />

Hierbei ist ebenfalls wichtig, dass die Exekutive selbst weit gehende<br />

Legislativkompetenzen besitzt. Auch bedeutsame politische Maßnahmen<br />

können im Rahmen <strong>der</strong> weit reichenden Handlungs- und Entscheidungskompetenzen<br />

französischer Regierungen mittels Dekreten durchgesetzt<br />

werden. In <strong>der</strong> <strong>Telekommunikation</strong>spolitik war dies etwa im Prozess <strong>der</strong> Filialisierung<br />

<strong>der</strong> Fall, wo wichtige Funktionen des <strong>Telekommunikation</strong>ssystems<br />

mittels Regierungsdekreten aus <strong>der</strong> Verwaltung auf Privatunternehmen<br />

übertragen wurden. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite wird diese ausgeprägte institutionelle<br />

Zentralisierung durch den Umstand geschwächt, dass französische Regierungen<br />

in den letzten beiden Jahrzehnten häufig aus Zwei-Parteien-Koalitionen<br />

gebildet wurden und insofern auch hier bestimmte Verhandlungszwänge<br />

existierten. Bis zum Wahlsieg des Linksbündnisses 1981 war eine<br />

Mitte-Rechts-Koalition an <strong>der</strong> Macht, nach 1981 eine Allianz aus Sozialisten<br />

und Kommunisten. <strong>Die</strong> Nie<strong>der</strong>lage <strong>der</strong> Sozialisten in den Parlamentswahlen<br />

1986 schließlich brachte erneut eine rechtsliberale Koalition an die<br />

Regierung, die 1988 von einer sozialistischen Einparteien-Regierung abgelöst<br />

wurde, welche die wichtigsten Reformgesetze initiierte.<br />

Das herausragendste Merkmal <strong>der</strong> französischen Politikstruktur ist zweifelsohne<br />

die mächtige Elitebürokratie, die aus <strong>der</strong> Sicht vieler in- und ausländischer<br />

Beobachter das eigentliche Machtzentrum <strong>der</strong> französischen Politik<br />

darstellt (Mény 1989: 358; Abromeit 1993: 202–213). Wie in Preußen-<br />

Deutschland und in Japan ist die Bürokratie viel älter als das Parlament. Über

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