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Die Transformation der Telekommunikation: Vom ... - MPIfG

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Konvergente Evolution und strukturelle Stabilität 119<br />

Ausgangspunkt aus dieser Sicht sind die in <strong>der</strong> frühen Neuzeit entstandenen<br />

Postmonopole als Einnahmequellen absolutistischer Monarchen gewesen<br />

(Noam 1987: 31). <strong>Die</strong>se Quellen wollten sich die Staatsapparate durch<br />

die schrittweise Integration neuer und oft substitutiver Systeme sichern.<br />

Dass die Postverwaltungen hierbei erfolgreich sein konnten, wird damit erklärt,<br />

dass <strong>der</strong>en Monopolaufbau- und -durchsetzungskosten während <strong>der</strong><br />

vergangenen Jahrhun<strong>der</strong>te insgesamt niedriger waren als die jeweiligen<br />

Monopolverhin<strong>der</strong>ungskosten gegnerischer o<strong>der</strong> konkurrieren<strong>der</strong> Interessengruppen<br />

(Blankart 1984: 173).<br />

So überzeugend dieses Schema aussieht, so klar treten auch die Probleme<br />

zu Tage, die mit dieser Theorieperspektive, beson<strong>der</strong>s in Bezug auf die in<br />

den Fallstudien (Schnei<strong>der</strong> 1999) rekonstruierten Fakten, verbunden sind.<br />

Zwar waren die Postsysteme <strong>der</strong> frühmo<strong>der</strong>nen Staaten in <strong>der</strong> Tat wichtige<br />

Einnahmequellen (<strong>der</strong> Preußenkönig nannte sie »das Öl <strong>der</strong> Staatsmaschine«!),<br />

und es ist ebenfalls nicht unplausibel, dass die jeweiligen Herrscher<br />

bestrebt waren, ihre Einnahmen zu maximieren. Gleichwohl darf nicht übersehen<br />

werden, dass auch die geldgierigsten absoluten Monarchen frühzeitig<br />

erkannten, dass eine allzu starke Besteuerung <strong>der</strong> Kommunikationsinfrastruktur<br />

die allgemeine Wirtschaftsentwicklung belastete und auf längere<br />

Sicht den Staatsfinanzen eher schadete als nützte. Speziell in den merkantilistischen<br />

Län<strong>der</strong>n besaßen Gewerbe- und Infrastrukturför<strong>der</strong>ung deshalb<br />

einen hohen Stellenwert.<br />

Vor allem in den sich industrialisierenden Län<strong>der</strong>n führte dies dazu, dass<br />

die fiskalischen Funktionen <strong>der</strong> Postsysteme im Laufe des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

zunehmend von Infrastrukturfunktionen im Sinne einer »Öffentliche-Güter-<br />

Orientierung« ergänzt und sogar dominiert wurden. Indizien hierfür sind<br />

sowohl in <strong>der</strong> Regularisierung und Verdichtung von Postlinien zu sehen als<br />

auch in <strong>der</strong> Einführung entfernungsunabhängiger Standardgebühren, wie<br />

dies in den 1830er-Jahren bei <strong>der</strong> Penny-Post geschehen war. Sowohl bei<br />

<strong>der</strong> Post als auch bei den späteren Telegrafen- und Telefonsystemen ist davon<br />

auszugehen, dass eine fiskalische Ausrichtung im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t nur<br />

koexistierte, aber nicht allein bestimmend war. Mit zunehmen<strong>der</strong> Ausweitung<br />

<strong>der</strong> sozialen Inklusion trat die fiskalische Sichtweise jedoch mehr und<br />

mehr in den Hintergrund. Ganz verschwand diese jedoch in keinem dieser<br />

Län<strong>der</strong>, wie die Griffe <strong>der</strong> Finanzminister in Deutschland und Frankreich<br />

Mitte <strong>der</strong> 1990er-Jahre in die jeweiligen »Kriegskassen« <strong>der</strong> <strong>Telekommunikation</strong>sverwaltungen<br />

gezeigt haben.<br />

Ebenfalls unverträglich mit dem Rent-seeking-Ansatz sind empirische<br />

Indizien, wonach manche Postverwaltungen zunächst gar nicht darum be-

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