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Die Transformation der Telekommunikation: Vom ... - MPIfG

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312 Kapitel 7<br />

verän<strong>der</strong>ungsresistent zu betrachten, und die variierenden Grade institutioneller<br />

Flexibilität zu übersehen. Institution ist nicht gleich Institution.<br />

<strong>Die</strong> Stärke <strong>der</strong> in Institutionen jeweils wirkenden konservierenden Kräfte<br />

hängt einerseits von <strong>der</strong> spezifischen Art und Weise ab, wie Regelsysteme<br />

beziehungsweise institutionelle Komplexe absichtsvoll gestaltet sind, an<strong>der</strong>erseits<br />

davon, welche Formrestriktionen sie aus o<strong>der</strong> von vorausgegangenen<br />

Arrangements geerbt haben. Jede historische Form impliziert strukturelle<br />

Restriktionen für die anschließenden Variationen dieser Form. Strukturelle<br />

Kontinuität entsteht dann aus Sequenzen eingeschränkter Variation, durch<br />

welche bestimmte Modifikationen ausgeschlossen o<strong>der</strong> weniger wahrscheinlich<br />

werden. In <strong>der</strong> biologischen Evolution entsteht eine solche Kontinuität<br />

durch die Vererbung von organischen Grundbauplänen. <strong>Die</strong> historische<br />

Verbindung von einer Art zu einer folgenden zwängt spätere in jene Formen,<br />

die ihr von ihren Vorläufern übertragen wurde. <strong>Die</strong> jeweils möglichen<br />

Variationen sind immer nur geringfügig. So wäre es unmöglich, dass einer<br />

Schlange plötzlich Vor<strong>der</strong>beine wachsen. Ähnliche, über historische Abfolgen<br />

erzeugte Einschließungseffekte können auch in vielen sozialen und<br />

technischen Zusammenhängen beobachtet werden.<br />

Ein beliebtes Beispiel ist auch <strong>der</strong> Computerbereich, in dem die beschränkten<br />

technischen Möglichkeiten einer frühen Entwicklungsperiode<br />

(Beschränkungen eines Prozessors o<strong>der</strong> eines Betriebssystems) oft durch<br />

ökonomische Zwänge in einer späteren Phase zementiert worden sind. <strong>Die</strong><br />

in alten, noch ineffizient programmierten Computerprogrammen steckenden<br />

irreversiblen Kosten (»sunk costs«) machen die Migration in eine leistungsfähigere<br />

Programmiersprache meist unmöglich. Trotz effizienterer Alternativen<br />

müssen Weiterentwicklungen dann innerhalb <strong>der</strong> traditionellen Programmiersprache<br />

fortgeschrieben werden. Vergleichbare Zwänge sind in <strong>der</strong><br />

Entwicklung von <strong>Telekommunikation</strong>snetzen wirksam, wo historisch entstandene<br />

Netzstrukturen oft enge Restriktionen für Weiterentwicklung setzen.<br />

Schließlich gibt es solche Notwendigkeiten auch in institutionellen Bereichen,<br />

wie beispielsweise in den Rechtssystemen von Gesellschaften, wo<br />

historisch gewachsene Regelungsstrukturen meist nur geringe Reformspielräume<br />

eröffnen, um die Konsistenz des geltenden Systems nicht zu gefährden.<br />

Auf Grund <strong>der</strong> gravierenden Unterschiede zwischen biologischen und<br />

kulturellen Evolutionsprozessen sollten die biologischen Analogien bezüglich<br />

<strong>der</strong> generativen Verankerung von Formrestriktionen jedoch nicht überstrapaziert<br />

werden. Der Aufbau historischer Restriktionen heißt nicht, dass<br />

diese Verän<strong>der</strong>ungshürden unter spezifischen Bedingungen nicht übersprun-

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