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Die Transformation der Telekommunikation: Vom ... - MPIfG

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114 Kapitel 4<br />

Der Trend zur horizontalen Integration<br />

<strong>Die</strong> wachsende zivile Nutzung <strong>der</strong> elektrischen Telegrafie in England und in<br />

den USA blieb nicht ohne Rückwirkungen auf die Staaten des Kontinents.<br />

Wenige Jahre bevor sich in Großbritannien die ersten kommerziellen Anwendungen<br />

herausbildeten, waren sowohl in Frankreich als auch in Preußen<br />

private Initiativen entstanden, die von ihren jeweiligen Regierungen Zugang<br />

zur Telegrafie für die zivile Nutzung verlangten. In den 1830er-Jahren<br />

scheiterte dies jedoch an <strong>der</strong> Befürchtung, oppositionelle Kräfte könnten die<br />

Telegrafie für subversive Zwecke nutzen (Flichy 1994: 49). In den 1840er-<br />

Jahren entstanden auf deutschem Boden dann in den freien Hansestädten<br />

(zum Beispiel Hamburg und Bremen) die ersten zivilen Telegrafennetze.<br />

Nachdem in England und Amerika <strong>der</strong> kommerzielle Nutzen und die politische<br />

Unbedenklichkeit <strong>der</strong> Telegrafie demonstriert, und schließlich <strong>der</strong> Kontinent<br />

gegen Ende des Jahrzehnts durch eine Serie bürgerlich-demokratischer<br />

Revolutionen erschüttert wurde, ließen sich die privaten Geschäftsinteressen<br />

in keinem dieser Län<strong>der</strong> mehr aufhalten. In kurzer Zeit wurden<br />

sämtliche Telegrafensysteme für die zivile Nutzung geöffnet: zuerst in<br />

Preußen (1850) und ein Jahr später in Frankreich. Schnell schlossen sich<br />

auch die übrigen europäischen Län<strong>der</strong> an. Erst nach dieser Öffnung wurde<br />

allmählich die funktionelle Verwandtschaft zwischen Post und Telegrafie<br />

erkannt. Es begann eine Phase <strong>der</strong> horizontalen Integration bei<strong>der</strong> Systeme,<br />

wobei Preußen auch hier wie<strong>der</strong> die Vorreiterrolle übernahm. Bereits 1855<br />

wurden dort das Post- und Telegrafensystem in »combinierte Anstalten« zusammengelegt.<br />

Allgemein ist daher festzuhalten, dass sich <strong>der</strong> optische Telegraf staatlich<br />

und <strong>der</strong> elektrische zunächst zivil herausbildete. Erst Jahre später, als die<br />

bürokratisch-militärischen Län<strong>der</strong> Preußen und Frankreich die Vorteile <strong>der</strong><br />

elektrischen Telegrafie erkannten, sattelten auch sie auf eine elektrische<br />

Staatstelegrafie um. Als industrielle Nachzügler orientierten sich Italien und<br />

Japan an den europäischen Vorbil<strong>der</strong>n: Italien an Frankreich und Preußen,<br />

Japan, das mit <strong>der</strong> elektrischen Telegrafie erst in den 70er-Jahren begann,<br />

zunächst an Großbritannien.<br />

<strong>Die</strong> japanische Entwicklung ist beson<strong>der</strong>s interessant. Obwohl <strong>der</strong> elektrische<br />

Telegraf dort seit den 1850er-Jahren bekannt war, mussten zwei<br />

Jahrzehnte vergehen, bis die ersten Telegrafenämter für das Publikum geöffnet<br />

wurden. Japan konnte in seinem institutionellen Design somit auf die<br />

Erfahrungen <strong>der</strong> übrigen Industriestaaten zurückgreifen, ohne die schmerzhaften<br />

Suchprozesse selber durchlaufen zu müssen (zum Beispiel Verstaat-

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