07.01.2013 Aufrufe

Die Transformation der Telekommunikation: Vom ... - MPIfG

Die Transformation der Telekommunikation: Vom ... - MPIfG

Die Transformation der Telekommunikation: Vom ... - MPIfG

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

274 Kapitel 6<br />

Staatsbetrieben privatisiert beziehungsweise teilprivatisiert worden. An<strong>der</strong>s<br />

als in Großbritannien wurden diese Entstaatlichungsmaßnahmen aber nicht<br />

ordnungspolitisch, son<strong>der</strong>n rein pragmatisch begründet (Bianchi et al. 1990).<br />

Obwohl in Italien eine breite performanzbezogene Reformkoalition existierte,<br />

die eine Neuordnung des fragmentierten italienischen Systems für<br />

absolut notwendig hielt, bedeutete dies nicht, dass allein dadurch schon Liberalisierungs-<br />

und Privatisierungsinteressen gestärkt worden wären. Im<br />

Gegenteil: Es gab nur wenige Kräfte, die speziell von Liberalisierungsmaßnahmen<br />

profitiert hätten. <strong>Die</strong>se wären im Grunde nur die geschäftlichen<br />

Nutzer gewesen. Trotz gravieren<strong>der</strong> Leistungsmängel waren die Nutzerinteressen<br />

bezüglich Marktöffnung und Entstaatlichung gespalten. Während die<br />

Privatnutzer bei einer umfassenden Liberalisierung eher Verluste erwarteten,<br />

mussten die geschäftlichen Nutzer spätestens seit dem EG-Binnenmarktprogramm<br />

daran interessiert sein, über ähnliche Freizügigkeiten verfügen zu<br />

können wie ihre europäischen Konkurrenten. Hierfür existierten in Italien<br />

jedoch nur geringe organisatorische Ausdrucksmöglichkeiten. Zwar gibt es<br />

dort seit geraumer Zeit einen Spezialverband für geschäftliche Großnutzer<br />

(<strong>der</strong> Anuit), dieser ist politisch jedoch nicht beson<strong>der</strong>s einflussreich. Wie in<br />

Deutschland müssen die italienischen Unternehmer ihre Interessen entwe<strong>der</strong><br />

über allgemeine Dachverbände (Confindustria o<strong>der</strong> Intersind) o<strong>der</strong>, was im<br />

italienischen Kontext wegen <strong>der</strong> engen Parteibindung <strong>der</strong> Verbände auf dasselbe<br />

hinausläuft, über politische Parteien ausdrücken.<br />

Vor allem bei den letztgenannten Akteuren existierten jedoch große Vorbehalte<br />

gegenüber einer Verän<strong>der</strong>ung des Status quo. Wie später noch gezeigt<br />

wird, hatte die hohe administrative Fragmentierung und die Vielzahl<br />

öffentlicher Unternehmen zu einer Unmenge lukrativer Führungspositionen<br />

geführt, die nach rein parteipolitischen Kriterien besetzt wurden. Bei <strong>der</strong><br />

von allen gefor<strong>der</strong>ten Zentralisierung <strong>der</strong> <strong>Telekommunikation</strong> ging es für<br />

die Regierungsparteien somit um hohe Einsätze, denn einerseits waren damit<br />

viele dieser Pöstchen in Gefahr, und an<strong>der</strong>erseits sollte hierdurch auch<br />

<strong>der</strong> Einfluss <strong>der</strong> politischen Parteien (insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> DC) auf die Staatswirtschaft<br />

insgesamt reduziert werden. Trotz <strong>der</strong> ständigen öffentlichen Beteuerung<br />

<strong>der</strong> Notwendigkeit einer institutionellen Neuordnung scheiterten<br />

viele Reforminitiativen regelmäßig daran, dass, wenn es um konkrete Einschnitte<br />

in die bisherige Parzellenverteilung ging, eine Neuregelung von <strong>der</strong><br />

Partitocrazia abgeblockt wurde.<br />

Lange Zeit gab es in Italien zu viele potenzielle Verlierer einer institutionellen<br />

Neuordnung. Hierzu gehörte die relativ schwache italienische Fernmeldeindustrie,<br />

die von einer internationalen Öffnung <strong>der</strong> Märkte eher eine

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!