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JAHRESBERICHT 2000/2001 - Fritz Thyssen Stiftung

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99<br />

ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT<br />

zur persönlichen Frömmigkeit treffen; darüber hinaus soll durch einen<br />

linguistischen Vergleich die Inschrift mit anderen Texten abgeglichen<br />

werden. Am Beispiel der Leipziger Stele lässt sich das spezifische<br />

religiöse Klima in Deir-el Medine beleuchten, da die Reliefdarstellung<br />

eine spezifische Glaubensform zum Ausdruck bringt, die<br />

nur in dieser Region verbreitet war. Indem die Kuhgöttin Hathor zusammen<br />

mit der Königsfigur im Papyrusdickicht dargestellt ist, repräsentiert<br />

sie den Typus der Schutzstatue. Darin dokumentiert sich<br />

die Religionspolitik Ramses II., die auf Gottähnlichkeit des Königtums<br />

bzw. auf die Anbetungswürdigkeit des Pharaos abhebt; dieses<br />

Glaubensmodell wurde nicht nur im staatlichen Tempelkult propagiert,<br />

sondern auch – die Leipziger Stele ist bestes Beispiel dafür – in<br />

die Volksreligion eingeführt. Während die abgebildete Hathorkuh<br />

zunächst noch als Mutter des Pharaos fungierte, die ihm die Kraft für<br />

das Leben nach dem Tod spendete, verbreitete sich alsbald die Vorstellung<br />

von der Hathorkuh als heilbringende Totengöttin aller<br />

Ägypter. Aus den Bild- und Textquellen geht hervor, dass das Königtum<br />

seiner sukzessiven Abwertung damit begegnete, indem es<br />

die Göttlichkeit des Pharaos nicht erst im Tod, sondern bereits zu<br />

Lebzeiten behauptete.<br />

An PD Dr. St. J. Seidlmayer (Arbeitsstelle Altägyptisches Wörterbuch,<br />

Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin)<br />

gewährte Fördermittel der <strong>Stiftung</strong> dienen der „Erarbeitung einer<br />

englischen Version des lexikalischen Thesaurus des Akademievorhabens<br />

‘Altägyptisches Wörterbuch’ im Hinblick auf die Publikation<br />

des computergestützten Wörterbuchs und der Textdatenbank<br />

dieses Projekts im Internet“.<br />

Das Vorhaben erarbeitet computergestützt ein umfassendes Corpus<br />

altägyptischer Texte. Dabei ist mit einem Umfang von etwa 10 Millionen<br />

Textwörtern zu rechnen. Dieses Textmaterial wird durch eine<br />

lexikalische Datenbank detailliert erschlossen; ihr Kernstück ist ein<br />

lexikalischer Thesaurus, eine Liste, die sämtliche Wörter der ägyptischen<br />

Sprache einschließlich aller Namen, Titel, Götterbezeichnungen<br />

usf. – derzeit insgesamt ca. 35.000 Einträge – mit Angaben zu<br />

Lautbestand, Bedeutung und grammatischen Eigenschaften umfasst.<br />

Das Textcorpus und die lexikalische Datenbank werden zusammen<br />

als „virtuelles“ Wörterbuch den längst nötigen, aktuellen Ersatz für<br />

das „Wörterbuch der ägyptischen Sprache“ (12 Bände, 1926–1963)<br />

schaffen, das seit 1897 an der Preußischen Akademie der Wissenschaften,<br />

der „Vorgängerin“ der Berlin-Brandenburgischen Akademie<br />

der Wissenschaften, erarbeitet worden war. Über die Nutzung<br />

als Wörterbuch hinaus wird dieses Informationssystem Antworten<br />

auf eine Vielzahl philologisch-linguistischer Fragestellungen geben,<br />

und da bei der Materialerfassung auch unterstützende Information<br />

beigegeben wird (z. B. eine Übersetzung zu jedem Text), wird das digitale<br />

Textcorpus auch einem interdisziplinären Interessentenkreis<br />

einen ausgewogenen und vielfältigen Einblick in das Textgut des Alten<br />

Ägypten gewähren.<br />

Altägyptisches<br />

Wörterbuch

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