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JAHRESBERICHT 2000/2001 - Fritz Thyssen Stiftung

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Friedrich-<br />

Wilhelms<br />

Universität<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 56<br />

17. Juni 1953 und sein selbstbewusstes und undogmatisches Auftreten<br />

machen ihn jedoch verdächtig und führen noch zu seiner Zeit als<br />

Mitglied des Zentralkomitees der SED zur geheimdienstlichen Bearbeitung<br />

im Rahmen eines „Operativ-Vorgangs“. Steinitz zieht sich<br />

daraufhin von seiner politischen Tätigkeit zurück und konzentriert<br />

sich auf seine wissenschaftliche Arbeit. Eine erneute Konfrontation<br />

mit der Staats- und Parteiführung im Zusammenhang mit seiner Weigerung,<br />

dem Ausschluss Robert Havemanns aus der Akademie zuzustimmen,<br />

wird durch seinen Tod im Jahre 1967 beendet.<br />

Die geplante Steinitz-Biographie versteht sich als wahrnehmungsund<br />

erfahrungsgeschichtliche Untersuchung. Sie hat zum Ziel, den<br />

politischen Lebensweg eines jüdisch-kommunistischen Intellektuellen<br />

im 20. Jahrhundert nachzuzeichnen und die Bewältigung historischer<br />

Umbrüche durch Eliten zu untersuchen. Es geht um die Darstellung<br />

eines Spannungsfeldes zwischen den eigenen Visionen und<br />

der Loyalität gegenüber dem Regime, um eine schwierige Balance<br />

zwischen Selbstverwirklichung und Unterwerfung. An Steinitz’ Beispiel<br />

sollen die Möglichkeiten und Hindernisse für die Realisierung<br />

eines sozialistischen Programms geprüft und die Auswirkungen von<br />

Karriereangeboten und Privilegien sowie das Ineinandergreifen von<br />

Partizipationsmöglichkeiten und Zwangsmaßnahmen hinsichtlich<br />

Resistenz bzw. Kritikfähigkeit beleuchtet werden.<br />

Prof. R. Schröder (Philosophische Fakultät) und Prof. R. vom Bruch (Institut<br />

für Geschichtswissenschaften, Humboldt-Universität, Berlin) erhalten<br />

für die „Erforschung des Verbleibs der in der Zeit von<br />

1933–1945 aus rassischen und politischen Gründen verfolgten Angehörigen<br />

der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin“ Fördermittel.<br />

Im Jahre 1933 haben sich rund 2.500 Studenten und Promoventen jüdischer<br />

Herkunft an der Friedrich-Wilhelms-Universität in der Ausbildung<br />

befunden. Rund 1.900 jüdische Studenten waren im WS<br />

1932/1933 immatrikuliert. 130 Studenten wurden 1933 aus politischen<br />

Gründen relegiert. 270 Studenten, deren Fragebogen erhalten<br />

sind, bekamen bedingt die Erlaubnis zum weiteren Studium (Frontkämpferpassus<br />

u. a.). Rund 80 Personen wurde aus unterschiedlichen<br />

Gründen (meist Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft) der<br />

ihnen von der FWU verliehene Doktortitel aberkannt. Rund 60 medizinischen<br />

Doktoren wurde das Diplom nur ausgehändigt, wenn sie<br />

auf die Approbation in Deutschland verzichteten und einen Arbeitsplatz<br />

im Ausland nachweisen konnten. 230 Studenten sind auf einer,<br />

als „Stammrolle reichsdeutscher Juden“ bezeichneten Sonderliste<br />

erfasst. Aufgrund erster überraschender Erfolge in der Suche nach<br />

Zeitzeugen wurde diese Suche intensiviert und bisher (Stand April<br />

<strong>2001</strong>) über dreißig noch lebende Angehörige der Friedrich-<br />

Wilhelms-Universität im Alter zwischen 87 und 97 Jahren in den<br />

USA, Israel, Großbritannien, Österreich und auch Deutschland aufgefunden<br />

und der Kontakt hergestellt. 17 Interviews (digitale Videoaufnahmen<br />

im Umfang von über 8 Stunden) sind bisher erfolgt. Auch<br />

zu Nachkommen schon Verstorbener sind einige Kontakte zustande

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