12.12.2012 Aufrufe

JAHRESBERICHT 2000/2001 - Fritz Thyssen Stiftung

JAHRESBERICHT 2000/2001 - Fritz Thyssen Stiftung

JAHRESBERICHT 2000/2001 - Fritz Thyssen Stiftung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

101<br />

ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT<br />

„Typologie und Gebrauch der ägyptischen Hieroglyphenschrift“ ist<br />

das Thema eines durch die <strong>Stiftung</strong> unterstützten Forschungsvorhabens<br />

von Dr. O. Goldwasser, Department of Ancient Near Eastern<br />

Studies, The Hebrew University of Jerusalem, sowie Prof. F. Junge<br />

und PD Dr. F. Kammerzell, Seminar für Ägyptologie und Koptologie,<br />

Universität Göttingen.<br />

Gegenstand des Kooperationsprojekts ist das System der ägyptischen<br />

Hieroglyphenschrift mit seinen unterschiedlichen Subsystemen<br />

und Zeichenfunktionen, ihr Zusammenwirken in konkreten<br />

Einzeltexten, Textkorpora und Genres, vor allem unter dem Gesichtspunkt<br />

von Erscheinungsform und Typologie von Schriftsystemen.<br />

Das ägyptische Hieroglyphensystem ist das am längsten verwendete<br />

sprachbezogene graphische Speicher- und Kommunikationsmedium<br />

der Menschheitsgeschichte und stellt ein heterographes morphembezogenes<br />

Schriftsystem dar, dessen Inventar sowohl bedeutungstragende<br />

(Semogramme) als auch bedeutungsunterscheidende<br />

Schriftzeichen (Phonogramme) umfasst. Semogramme bezeichnen<br />

entweder das spezifische gezeichnete Objekt oder etwas nahe Verwandtes.<br />

So kann z. B. das Bild der Sonne „Sonne“ oder „Tag“ bedeuten.<br />

Phonogramme oder Lautzeichen werden ausschließlich wegen<br />

ihres Lautwertes benutzt und haben keinen Bezug zu dem Wort,<br />

das sie darstellen.<br />

Ein Phonogramm kann einen Konsonanten oder eine Kombination<br />

von zwei oder drei Konsonanten in einer bestimmten Reihenfolge<br />

darstellen; Vokale werden nicht geschrieben. Viele Wörter werden<br />

als Kombination phonographischer und semographischer Zeichen<br />

geschrieben. Das Bild vom Grundriss eines Hauses bedeutet „Haus“.<br />

Folgt aber dem gleichen Zeichen ein phonetisches Komplement (Ergänzung)<br />

und das Bild laufender Beine, so wird es benutzt, um das<br />

homophone (gleichlautende) Verb „ausgehen“ zu schreiben. Determinativa<br />

sind Semogramme, die am Ende eines Wortes geschrieben<br />

werden, um die Kategorie anzugeben, zu der das Wort gehört, und so<br />

die beabsichtigte Bedeutung anzuzeigen, die sich nicht immer eindeutig<br />

aus dem Zusammenhang ergibt. Die Darstellung einer Papyrusrolle,<br />

die als Determinativ verwendet wird, zeigt an, dass eine abstrakte<br />

Bedeutung beabsichtigt gewesen ist. Je nach Verwendungssituation<br />

besitzen Determinativa eine spezifische oder eine eher generische<br />

Bedeutung. Zeichen mit der zuletzt genannten Funktion<br />

werden Klassifikatoren genannt; sie liefern explizite Informationen<br />

über das Vorhandensein und die spezifische Ausprägung des zugrundeliegenden<br />

Kategorisierungssystems der Ägyptischen Kultur.<br />

Ziel des Forschungsvorhabens ist es, eine detaillierte Zeichenliste für<br />

das Altägyptische der Pyramidentexte (spätes drittes Jahrtausend v.<br />

Chr.) vorzulegen. Anhand dieses Textkorpus sollen die spezifischen<br />

Verwendungsweisen und die Interaktion aller Graphemfunktionsklassen<br />

in konkreten geschriebensprachlichen Äußerungen erforscht<br />

Hieroglyphenschrift

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!