JAHRESBERICHT 2000/2001 - Fritz Thyssen Stiftung

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Städtebau Bayern KUNSTWISSENSCHAFTEN 122 Für das Projekt „Planen und Bauen in Bayern 1945–1965“ stellte die Fritz Thyssen Stiftung Prof. W. Nerdinger (Architekturmuseum der Technischen Universität München) Fördermittel zur Verfügung. Im Laufe der Recherchen und Forschungen konnte ein präziser Gesamtüberblick über die Planungs- und Bautätigkeit in ganz Bayern vom Kriegsende bis zur Hochkonjunkturphase der 60er Jahre gewonnen werden. Der zeitliche Rahmen wurde in vier Abschnitte gegliedert: von den „Träumen in Trümmern“ (1945–1948) über die „bescheidenen Anfänge“ (1948–1953/55) und die „Wirtschaftswunderbauten“ (1953/55–1958/60) bis hin zu „Verdichtung, Stadtumbau und Großstrukturen“ in den 60er Jahren. Die Auswertung des gesamten Spektrums der zeitgenössischen Fachzeitschriften lieferte einen ersten Querschnitt der Bautätigkeit von 1945–1965 in Bayern. Grundlage der weiteren Forschungsarbeiten war eine systematische Befragung der regionalen Stadtarchive sowie der Hoch- und Landbauämter nach Quellenmaterial (Pläne, Fotografien, Modelle und schriftliche Unterlagen). In Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege in München konnten ein Austausch über die jeweiligen Bauten erfolgen und weitere wichtige Materialien erschlossen werden. Durch Gespräche der in den 50er und 60er Jahre tätigen Architekten war es möglich, die damalige Architektentätigkeit authentisch zu rekonstruieren und Informationen über die Bauten zu gewinnen. Über diese Zeitzeugen wurden wichtige unveröffentlichte Unterlagen gefunden und ausgewertet, außerdem konnten Nachkommen oder ehemalige Mitarbeiter von bereits verstorbenen Architekten ausfindig gemacht werden. Alle recherchierten Fakten wurden in einer Datenbank erfasst. Anschließend erfolgte eine Auswahl von circa 250 repräsentativen Objekten aus verschiedenen Baugattungen. Ein Kriterium für die Auswahl war, bisher unbeachtete Bauten aus der Region aufzunehmen und zu untersuchen. Diese Beispielbauten wurden nach übergreifenden Themenbereichen wie z. B. „Von den Besatzern zur Reeducation“, „Wie sollen wir wohnen?“, „Städtebau – Ideen für das Neue Leben“ oder „Das neue Lebensgefühl“ zusammengefasst. Bei der Auswertung der einzelnen Themenbereiche zeigte sich beispielsweise, dass in Bayern auf dem Gebiet des Schul- und Jugendbaus gezielt moderne architektonische Ansätze vertreten wurden. Beim Kirchenbau konnte aufgezeigt werden, dass in beiden Konfessionen die Diskussion um den Kirchenraum auch einen architektonischen Niederschlag in vielen der neu errichteten Kirchen fand. Ein weiteres Ergebnis ist die Dokumentation von fünf neuen Städten für Flüchtlinge, die durch Umbau von Militäranlagen aus der NS-Zeit geschaffen wurden. Die Arbeit wird derzeit abgeschlossen. Durch das Projekt soll das Verständnis für die in den 50er und 60er Jahren neu geschaffene städtische und regionale Umwelt vertieft und insbesondere die Qua-
123 KUNSTWISSENSCHAFTEN Abb. 12: Projekt „Planen und Bauen in Bayern 1945 – 1965“: Ein Beispiel für den Typus einer Aulaschule ist die Schule am Harthof in München, Hugo-Wolf-Straße 70, 1953 – 55 von Adolf und Helga Schnierle gebaut. Das Schulgebäude, das eine 16-klassige Volksschule mit dazugehöriger Turnhalle und einer Kindertagesstätte umfaßt, kann aufgrund der zentralen Halle auch als Kulturzentrum für die Stadtrandsiedlung am Harthof genutzt werden.
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