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JAHRESBERICHT 2000/2001 - Fritz Thyssen Stiftung

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KUNSTWISSENSCHAFTEN<br />

Das Forschungsvorhaben wendet sich erstmalig unter genuin kunsthistorischen<br />

Gesichtspunkten ausgewählten Papstgrabmälern zu.<br />

Die Tatsache, dass sich diese immer in Kirchenräumen befinden, in<br />

der Regel erst nach dem Tod eines Pontifex errichtet wurden und<br />

wohl die großartigsten künstlerischen Monumente einer baulich wie<br />

plastisch gestalteten Totenmemoria sind, bestimmt die Konturen der<br />

sich im wesentlichen auf vier Fragenkomplexe beschränkenden<br />

Analyse.<br />

So ist zunächst der Frage nach dem Grabort nachzugehen, denn der<br />

Wunsch, in einer bestimmten Stadt bzw. Kirche, in der Nähe eines<br />

Altares oder Grabes bestattet zu werden, ist doch immer auch Ausdruck<br />

persönlicher Heilserwartung oder Verehrung, familiärer oder<br />

monastischer Zugehörigkeit wie auch bewusster Ausdruck der Distanzierung.<br />

Vor dem Hintergrund, dass Päpste fast immer Stifter ihrer eigenen<br />

Grabmäler sind, deren Fertigstellung selbst jedoch nicht erlebten,<br />

sind Papstgrabmäler nicht selten Denkmäler der Hinterbliebenen, die<br />

im Gedenken an die Verdienste der Verstorbenen weniger die Erinnerung<br />

an den Papst als die an das eigene Geschlecht sichern sollten.<br />

Somit ist vor allem zu erörtern, inwieweit testamentarische Vorgaben<br />

eines Pontifex berücksichtigt, modifiziert oder sogar gänzlich verworfen<br />

wurden, ob – und wenn ja, aus welchen Motiven – Päpste in den<br />

Denkmalbestand päpstlicher Sepulturen eingegriffen haben.<br />

Da sich jedoch nicht nur die Auftraggeber, sondern auch die Künstler<br />

im Papstgrabmal ein Denkmal setzen wollten, ist zu vermuten,<br />

dass das einzigartige Prestige, das mit einem solchen Auftrag verbunden<br />

war, in besonderem Maße ein künstlerisch-kreatives Potential<br />

freisetzte. Jedenfalls musste ein Künstler, der mit der Ausführung<br />

eines Papstgrabmals betraut war, stets in dem Bewusstsein arbeiten,<br />

dass angesichts des mit dem Tod eines Papstes immer wieder neu<br />

formulierten Auftrags sein Entwurf vornehmlich der Kritik künftiger<br />

Bildhauer im Dienste des Pontifex standzuhalten hatte. Das galt vor<br />

allem für St. Peter als einen Ort, an dem nicht nur verschiedene Bildhauer,<br />

sondern auch Skulptur, Malerei und Architektur sich gegenseitig<br />

zu übertrumpfen versuchten.<br />

Bedenkt man schließlich, dass Papstgrabmäler in erster Linie der<br />

apostolischen Memoria dienen, so stellt sich die Frage, inwieweit<br />

Skulptur und Architektur die zeitüberdauernde Erinnerung an den<br />

Papst sichern können. Hier wird sich zeigen, welche Funktion beispielsweise<br />

den Assistenzfiguren im Kontext einer Charakterisierung<br />

von Amt und Person zukommt, oder ob das Papstgrabmal an sich<br />

zum Ort der Vermittlung zentraler christlicher Glaubenswahrheiten<br />

oder Tugendvorstellungen wird. Für all jene Gräber, in denen vollplastische,<br />

oftmals thronend dargestellte, die Idee des unvergänglichen<br />

Papsttums versinnbildlichende Papststatuen zusammen mit Reliefdarstellungen<br />

aus dem Leben des jeweiligen Pontifex auftreten,<br />

ist jedenfalls zu vermuten, dass die narrativen Reliefs in den Dienst

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