JAHRESBERICHT 2000/2001 - Fritz Thyssen Stiftung
JAHRESBERICHT 2000/2001 - Fritz Thyssen Stiftung
JAHRESBERICHT 2000/2001 - Fritz Thyssen Stiftung
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
159<br />
RECHTSWISSENSCHAFT<br />
der verschiedenen Rechtsanwender und der Rechtswissenschaft ablaufen?<br />
Welche Sanktionen, rechtliche und außerrechtliche, versprechen<br />
Erfolg? Wie könnten Staatsaufsicht und self-regulation zusammenspielen?<br />
Dabei stellt sich die Frage nach dem Verhältnis der<br />
Rechtswissenschaft zu anderen Disziplinen, namentlich zu den Wirtschaftswissenschaften,<br />
zur Politikwissenschaft, Rechts- und Staatsphilosophie<br />
und zur Soziologie. Bei alledem greift der klassische nationalstaatliche<br />
Rahmen für die Rechtsordnung und die Rechtswissenschaft<br />
heute allenthalben zu kurz. Kaum eine Rechtsmaterie ist<br />
mehr ohne Europarecht denkbar, das vorrangig ist und, wo es eingreift,<br />
auf nationale, systematisch-dogmatische Besonderheiten<br />
keine Rücksicht nehmen kann. Allerdings bietet das Europarecht<br />
keine flächendeckende Rechtsordnung, sondern ist schon nach dem<br />
Subsidiaritätsgrundsatz auf das Zusammenwirken mit den nationalen<br />
Rechtsordnungen und Rechtswissenschaft(en) angewiesen. Die<br />
Frage, wo die richtige Grenze zwischen europäischer und nationaler<br />
Regelung verläuft bzw. gezogen werden sollte, ist politisch, praktisch<br />
und wissenschaftlich ungelöst. Neben dem Europarecht ist das eigentlich<br />
internationale und transnationale Recht, zumal in der Form<br />
zahlreicher Abkommen und angesichts internationaler Organisationen,<br />
denen Deutschland zugehört, wichtiger denn je. Das belegt zuletzt<br />
die WTO, die einen wichtigen Schritt hin zu einer Weltwirtschaftsordnung<br />
darstellt. Rechtsvergleichung ist längst zu einem<br />
Kerngebiet der Rechtswissenschaft geworden. Rechtsangleichung,<br />
etwa die Frage nach einem europäischen Privat-, Handels- und Wirtschaftsrecht,<br />
wird immer wichtiger.<br />
Institutioneller Wandel und Transformation vollziehen sich nicht nur<br />
in mittel- und osteuropäischen Ländern, sondern auch in Deutschland<br />
und den westlichen Industriestaaten, allen voran den USA, und<br />
stellen auch die Rechtswissenschaft vor ganz neue Herausforderungen.<br />
Gerichtliche, schiedsgerichtliche und andere Mechanismen für<br />
Streitbeilegung und Streitvermeidung sind gefordert.<br />
Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> räumt solchen Projekten Priorität ein, die<br />
über klassische, innerdeutsche, systematisch-dogmatische Arbeit hinausgehen,<br />
also einzelne Gesetze, Rechtsgebiete, Disziplinen oder<br />
Staatsgrenzen überschreiten. Ob solche Untersuchungen eher privatoder<br />
öffentlichrechtlich, eher materiell- oder verfahrensrechtlich oder<br />
z. B. dem Handels- und Wirtschaftsrecht, dem Umweltrecht oder anderen<br />
Rechtsgebieten zugehören, ist ohne Belang. Das heißt nicht,<br />
dass nur europarechtlich ausgreifende, rechtsvergleichende und interdisziplinäre<br />
Arbeiten gefördert würden. Aber Projekte, die Recht<br />
funktional untersuchen, genießen Vorrang: Die <strong>Stiftung</strong> möchte einen<br />
Beitrag leisten zur Untersuchung von Recht in einer modernen, vielfältig<br />
international eingebundenen Industriegesellschaft.<br />
Für das Projekt „Informationsgesetzbuch“ von Prof. H. Garstka (Berlin),<br />
Prof. P. Kirchhof (Heidelberg), Prof. M. Kloepfer (Berlin, federführend<br />
seit Anfang <strong>2001</strong>) und Prof. F. Schoch (Freiburg) und wurden<br />
im Jahr <strong>2000</strong> Fördermittel zur Verfügung gestellt.<br />
Datenschutz