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JAHRESBERICHT 2000/2001 - Fritz Thyssen Stiftung

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219<br />

MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN<br />

Bei der Myoklonus-Dystonie handelt es sich um eine erbliche Bewegungsstörung,<br />

die typischerweise in der Kindheit oder im frühen Erwachsenenalter<br />

beginnt. Die Betroffenen leiden unter unwillkürlichen<br />

Muskelzuckungen und dystonen Bewegungsmustern. Der Verlauf<br />

der Krankheit ist nicht progredient, die Symptome bessern sich<br />

unter Alkoholeinfluss. Neben den motorischen Störungen ist bei den<br />

Patienten und anderen Familienangehörigen offenbar auch eine gewisse<br />

Tendenz zu psychiatrischen Auffälligkeiten festzustellen. Der<br />

Erbgang ist autosomal dominant, in seltenen Fällen tritt die Krankheit<br />

auch spontan auf.<br />

Erst seit kurzem liegen Kopplungsstudien an Familien mit dieser Erkrankung<br />

vor, und ein Bereich auf Chromosom 11q23 erscheint in<br />

diesem Zusammenhang vielversprechend. Als Kandidatengen in<br />

dieser Region kommt das Gen für den D2-Dopaminrezeptor DRD2 in<br />

Frage. Dieser Rezeptor ist in den für die Bewegungskontrolle wichtigen<br />

Hirnkernen, den Basalganglien, hoch exprimiert. Die Gabe von<br />

Antagonisten für diesen Rezeptor kann Dystonien hervorrufen, und<br />

man weiß, dass bei einigen Dystonieformen der Dopaminstoffwechsel<br />

beeinträchtigt ist. Eine von Dr. Klein an einer großen Familie mit<br />

acht erkrankten Personen durchgeführte Sequenzanalyse ergab,<br />

dass alle Betroffenen heterozygot für eine Missense-Mutation in einer<br />

hochkonservierten Region des Rezeptors waren. Durch diese<br />

Veränderung enthält das fertige Rezeptor-Protein an Position 154 ein<br />

Isoleucin anstelle eines Valins; bei den gesunden Familienmitgliedern<br />

und anderen Kontrollpersonen ist dies nicht der Fall. Die Auswirkungen<br />

der geänderten Aminosäuresequenz auf die Funktionsfähigkeit<br />

des Rezeptors ist bereits Gegenstand verschiedener Untersuchungen<br />

und soll in diesem Projekt weiterverfolgt werden.<br />

In anderen Familien ist diese Mutation nicht zu beobachten. Die Untersuchungen<br />

einer amerikanischen Arbeitsgruppe unter Beteiligung<br />

von Dr. Klein haben bei Kopplungsanalysen jedoch eine weitere<br />

verdächtige Genregion auf Chromosom 7 im Bereich q21–q31<br />

ausgemacht. In diesem Bereich befindet sich das Gen für den im<br />

Rahmen der Signaltransduktion wichtigen metabotropen Glutamatrezeptor,<br />

der selbst jedoch bei den bisher untersuchten Familien intakt<br />

zu sein scheint.<br />

Seit Projektbeginn gelang es der Lübecker Arbeitsgruppe, die erwähnte<br />

Genregion auf Chromosom 7 mit Hilfe der molekulargenetischen<br />

Untersuchung von acht weiteren Familien näher einzugrenzen<br />

und die ursprünglich beschriebene Ausdehnung zu halbieren. Eine<br />

Kopplung zu Chromosom 7 wurde auch in einer weiteren neuen Familie,<br />

die in Kooperation mit einer Amsterdamer Arbeitsgruppe bearbeitet<br />

wurde, bestätigt. Um die weitere Feinkartierung des Genortes<br />

voranzutreiben, müssen zunächst weitere Familien identifiziert<br />

werden. Dies findet zur Zeit in Zusammenarbeit mit Prof. Kostic aus<br />

Belgrad statt. Es konnten bereits 13 neue Familien mit Myoklonus-<br />

Dystonie klinisch untersucht und in die molekulargenetischen Untersuchungen<br />

eingeschlossen werden.

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