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JAHRESBERICHT 2000/2001 - Fritz Thyssen Stiftung

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GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

Prof. Chr. Buchheim (Seminar für Wirtschafts- und Sozialgeschichte,<br />

Universität Mannheim) erhält von der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> Fördermittel<br />

für das Projekt „Industrielle Investitionen unter den Bedingungen<br />

der NS-Diktatur 1933 bis 1939“.<br />

Unter der NS-Diktatur kam es zwischen 1933 und 1939 zu einem<br />

deutlich spürbaren staatlich induzierten Aufschwung der deutschen<br />

Wirtschaft und Industrie. Die staatlichen Unternehmen wurden ausgedehnt.<br />

Zusätzlich wurde eine Reihe von Investitionsanreizen für<br />

die Aufrüstungs- und Autarkiebranchen geschaffen. Dazu bediente<br />

sich der Staat unterschiedlicher Instrumente wie Förderprämienverfahren,<br />

Wirtschaftlichkeitsgarantieverträge, Leihe staatlicher Anlagen,<br />

Gründung staatlicher Unternehmen, die in manchen Fällen in<br />

Eigenregie betrieben und in anderen an private Unternehmen verpachtet<br />

wurden, staatlich verbürgte Kredite mit beschränktem Rückgriffsrecht<br />

usw. Warum wurde aber in machen Fällen das eine, in<br />

weiteren Fällen ein anderes Anreizinstrument verwendet, und<br />

warum erfolgte der Kapazitätsausbau manchmal mit staatlichen Unternehmen?<br />

Es lässt sich festhalten, dass keines dieser Instrumente eine originäre<br />

Schöpfung des NS-Regimes war. Eine genauere Untersuchung zeigt<br />

zudem, dass die verschiedenen Verfahren sich durch das Ausmaß<br />

des Amortisationsrisikos, das der Staat zu tragen hatte, unterschieden.<br />

Je höher das vom Staat übernommene Amortisationsrisiko war,<br />

desto stärker waren die Freiheitsgrade der Unternehmen hinsichtlich<br />

der Eigentums- und Verfügungsrechte über das Investitionsobjekt<br />

eingeschränkt. Eine zentrale Hypothese dabei ist, dass die Präferenzen<br />

der Unternehmen für ein bestimmtes Instrument mit ihren kurzund<br />

langfristigen Erwartungen bezüglich der Weltmarktfähigkeit<br />

der Produkte, die mit den neuen Anlagen hergestellt werden konnten,<br />

korrelierten.<br />

Diese Hypothese wurde bisher anhand einiger in der Realität getroffener<br />

Investitionsentscheidungen überprüft, nämlich in der Zellwolle-<br />

und Kunstseidenindustrie, in der Kupferproduktion, in der<br />

Pulver- und Sprengstoffproduktion sowie in der Herstellung synthetischen<br />

Treibstoffs und Kautschuks. Dazu wurden die relevante Literatur,<br />

zeitgenössische Veröffentlichungen und Akten aus staatlichen<br />

und Unternehmensarchiven ausgewertet. Die Überprüfung der bisherigen<br />

Beispiele spricht dafür, dass, wie vermutet, der Abschluss<br />

von Verträgen über bestimmte private Investitionen, in denen den<br />

Unternehmen ein gewisses Risiko verblieb, mit kurzfristig positiven<br />

und der Abschluss von Verträgen, in denen der Staat das gesamte Risiko<br />

übernahm, mit langfristig positiven Erwartungen der Unternehmen<br />

hinsichtlich der Zukunftsfähigkeit des entsprechenden Produkts<br />

unter normalen marktwirtschaftlichen Bedingungen korrelierte. Der<br />

Abschluss pachtähnlicher Verträge hingegen ging mit kurz- und<br />

langfristig negativen Erwartungen einher. Auch bewahrheitete sich<br />

in allen Fällen, dass der Staat im allgemeinen keinen Zwang auf die<br />

Unternehmen ausübte, einen Vertrag abzuschließen.<br />

NS-Diktatur<br />

Industrielle<br />

Investitionen

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