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JAHRESBERICHT 2000/2001 - Fritz Thyssen Stiftung

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55<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

staatlichen und Parteistellen, aber auch in der Wirtschaft. Es kam<br />

zwar zu keiner allgemeinverbindlichen Festlegung, was zu den<br />

„Volksprodukten“ zu zählen war, aber doch zu einem gewissen Konsens.<br />

Das Beiwort „Volk“ konnten solche „Politischen Geräte“ erhalten,<br />

an deren Konzeption das Regime wesentlich mitgewirkt hatte,<br />

die für die breite Masse der Bevölkerung bestimmt waren und die<br />

gemeinschaftlich von der Industrie oder staatlich-gesellschaftlichen<br />

Institutionen produziert wurden.<br />

Die „Volksprodukte“ besaßen eine Doppelfunktion. Sie waren Elemente<br />

der Propaganda, mit denen die Nationalsozialisten der Bevölkerung<br />

eine spätere Wohlstandsgesellschaft versprachen, um ihr den<br />

tatsächlichen Konsumverzicht zugunsten der Aufrüstung akzeptabel zu<br />

machen. Aber sie repräsentierten auch Planungen und Visionen einer<br />

spezifisch nationalsozialistischen Konsum- und Freizeitgesellschaft.<br />

Im einzelnen untersucht das Projekt, von welchen NS-Institutionen<br />

die Konsumüberlegungen vorangetrieben wurden und welche sich<br />

eher zurückhaltend verhielten. So gehörte zu den Protagonisten<br />

Goebbels’ Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda<br />

sowie Leys Deutsche Arbeitsfront. Wie reagierte die Wirtschaft auf<br />

die „Volksprodukte“? Einerseits erhoffte sie sich neue Märkte, andererseits<br />

fürchtete sie die Konkurrenz eines entstehenden staatswirtschaftlichen<br />

Sektors. Waren die Planungen realistisch, oder spiegelte<br />

sich in ihnen ein nationalsozialistischer Illusionismus und Voluntarismus?<br />

Bereiteten die „Volksprodukte“ einen fruchtbaren Boden für<br />

Konsummentalitäten, die sich dann in der bundesrepublikanischen<br />

Nachkriegsgesellschaft entfalteten?<br />

Prof. W. Benz, Zentrum für Antisemitismusforschung, Technische<br />

Universität Berlin, erhält Fördermittel der <strong>Stiftung</strong> für das Forschungsprojekt<br />

„Wolfgang Steinitz (1905–1967). Jude, Bildungsbürger,<br />

Wissenschaftler, Kommunist“.<br />

Im Zentrum des Forschungsvorhabens steht der Finnougrist und Slawist<br />

Wolfgang Steinitz, der als Wissenschaftsorganisator und langjähriger<br />

Vizepräsident der Akademie der Wissenschaften der DDR eine<br />

Vielzahl von bedeutsamen Forschungsprojekten angestoßen hat.<br />

Steinitz gehört zu jenem DDR-spezifischen Typ des jüdischen linken<br />

Intellektuellen – ähnliche Biographien weisen z. B. Alfred Kantorowicz,<br />

Jürgen Kuczynski, Ernst Bloch auf – der in den zwanziger Jahren<br />

politisiert und unter Sogwirkung der sozialistischen Idee von einer<br />

gerechten Ordnung zum Kommunisten wird. Sein Emigrationsweg<br />

führte Steinitz während der nationalsozialistischen Zeit<br />

zunächst in die Sowjetunion. In den Wirren der „Säuberungszeit“<br />

wird er als unerwünschter Ausländer nach Schweden abgeschoben.<br />

Nach der Rückkehr aus dem Exil beteiligt er sich aktiv und enthusiastisch<br />

am Aufbau des Sozialismus in der SBZ/DDR. Von der Verfolgung<br />

und Ausgrenzung der Westemigranten und Juden Ende der<br />

vierziger/Anfang der fünfziger Jahre bleibt er verschont. Seine Kritik<br />

an der SED-Führung nach der Niederschlagung des Aufstands vom<br />

W. Steinitz

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