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JAHRESBERICHT 2000/2001 - Fritz Thyssen Stiftung

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37<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

zesse) und wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und religiösen Umbrüchen.<br />

Als Angehörige einer nichtchristlichen Religionsgemeinschaft<br />

hatten die Juden jedoch innerhalb der Gesellschaft einen besonderen<br />

Status. Sie standen im Reich und in den Territorien unter<br />

der Oberherrschaft des Kaisers bzw. des Territorialherren, der über<br />

ihre Aufnahme, ihren Aufenthalt und ihren Schutz zu bestimmen<br />

hatte. Der Judenschutz war an bestimmte Abgaben gebunden, vor allem<br />

an das Schutzgeld. Die Judentoleranz wurde durch das Judenrecht<br />

geregelt, das sich vor allem in den Judenordnungen ausdrückte.<br />

Die Judenpolitik der Mainzer Erzbischöfe ist am Ausgang des Mittelalters<br />

und zu Beginn der Frühen Neuzeit durch einen Wechsel von<br />

Vertreibung und Wiederaufnahme gekennzeichnet. Besonders widersprüchlich<br />

war die Judenpolitik des Kardinals Albrecht von Brandenburg<br />

(1514–1545). In seinem Namen wurde in den Jahren 1515<br />

und 1516 ein Projekt zur Vertreibung aus den vorderen Reichskreisen<br />

initiiert; fast zeitgleich mit seinen Vertreibungsplänen führte Kurfürst<br />

Albrecht Judenrezeptionen durch und stellte Schutzbriefe aus. Neue<br />

Wege hinsichtlich der Judentoleranz beschritt der Erzbischof Johann<br />

Philipp von Schönborn, der 1662 und 1671 die ersten zusammenhängenden<br />

kurmainzischen Judenordnungen überhaupt erließ und deswegen<br />

als der „Deutsche Salomon“ in die Annalen eingegangen ist.<br />

Das Forschungsinteresse konzentriert sich auf die Veränderungen<br />

der frühneuzeitlichen Siedlungsformen und ihre Auswirkungen auf<br />

das Leben der jüdischen Bevölkerung und auf die Formierung der<br />

Juden. Ein weiterer Forschungsschwerpunkt ist die Judenpolitik der<br />

Mainzer Erzbischöfe und Kurfürsten. Zu fragen ist, ob sich deren exponierte<br />

Stellung im Reich auf ihre Politik hinsichtlich der Juden auswirkte<br />

und inwiefern diese von den konkurrierenden Herrschaftsansprüchen<br />

innerhalb und außerhalb des Erzstiftes mit bestimmt<br />

wurde. Im Hinblick auf die meist protestantischen Nachbarn von<br />

Kurmainz ist zu klären, ob Judenpolitik, Judentoleranz und Judendiskurs<br />

konfessionell bedingte Unterschiede aufwiesen. Schließlich<br />

sind auch die innere Geschichte der lokalen Judenschaften und ihre<br />

Stellung innerhalb des Kurterritoriums und der jüdischen „Landschaften“<br />

sowie die alltäglichen Beziehungen zwischen den Juden<br />

und der christlichen Umwelt im Spannungsfeld von „Nachbarschaft<br />

und Konkurrenz“ aufzuarbeiten.<br />

Prof. U. Pfister (Historisches Seminar, Universität Münster) erhält<br />

Fördermittel für das Forschungsvorhaben „Konfessionalisierung in<br />

Territorien mit schwacher Staatsentwicklung, 16./17. Jahrhundert“.<br />

Der Konfessionalisierungsbegriff bezieht sich auf mehrere eng miteinander<br />

verbundene kulturelle, gesellschaftliche und politische<br />

Entwicklungen im frühneuzeitlichen Europa. Konfessionalisierung<br />

bezeichnet dabei hauptsächlich zwei Vorgänge, die in den verschiedenen<br />

Konfessionen weitgehend parallel abliefen:<br />

– Erstens erfolgt im Zuge der Konfessionalisierung die Verlagerung<br />

des Glaubenswissens von einer magischen zu einer religiösen<br />

Konfessionalisierung

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