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JAHRESBERICHT 2000/2001 - Fritz Thyssen Stiftung

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KUNSTWISSENSCHAFTEN<br />

konstitutiven Normen und Alltagspraktiken „schwerindustrieller Lebensführung“,<br />

erschließen sich durch den systematischen Vergleich<br />

mit einer ganz anders strukturierten sozioökonomisch strukturierten<br />

Region. Im Projektkontext wurde als Vergleichsfolie zu August <strong>Thyssen</strong><br />

und Schloss Landsberg der Frankfurter Wirtschaftsraum gewählt.<br />

Anders als im Ruhrgebiet trugen in Frankfurt die geographische<br />

Nähe – gleichsam das bürgerliche Alltagsleben „Tür an Tür“ – und<br />

das engmaschige Netzwerk von privaten (Bürgerhäuser) und öffentlichen<br />

Räumen (wie Theater, Oper, Vereine, Clubs, Reitbahn) sowie<br />

die daraus erwachsenden regelmäßigen schichttypischen Interaktionsformen<br />

wesentlich dazu bei, eine geschlossene bürgerliche Lebenswelt<br />

mit einem allgemeinverbindlichen Wertekanon zu konstituieren.<br />

Die Funktionen der Bürgerhäuser an Main und Ruhr sind durchaus<br />

vergleichbar. Die Wohnsitze führender Frankfurter Wirtschaftsbürger<br />

waren genauso wie Schloss Landsberg Schauplätze von Arbeitsessen<br />

und Familientreffen, dienten der „informellen Netzwerkbildung“,<br />

der Pflege von gesellschaftlichen und freundschaftlichen<br />

Kontakten und waren Orte bürgerlicher Geselligkeitsformen. Die<br />

Unternehmersitze hatten allerdings unterschiedliche Bedeutungen<br />

für die Konstituierung der jeweiligen lokalen Milieus. Die alltäglichen<br />

Geselligkeits- und ritualisierten Kommunikationsformen in<br />

Frankfurt, die im Vergleich zum Ruhrgebiet deutlich höhere Intensität<br />

des innerhäuslichen „Festkalenders“, die maßgeblich erst durch<br />

die topographischen Konditionen ermöglicht wurde, erzeugte und<br />

stabilisierte einen geschlossenen bürgerlichen Raum, der es den Repräsentanten<br />

der bürgerlichen Elite ermöglichte, sich fortlaufend<br />

über die gemeinsamen Werte, Normen und Alltagspraktiken zu verständigen.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> bewilligte Prof. em. K. Schwager (Fakultät für Kulturwissenschaften,<br />

Universität Tübingen) für das Projekt „Die Benediktiner-Abtei<br />

Ottobeuren (1672–1803). Materialien zu Programm, Planung,<br />

Bau und Ausstattung“, Fördermittel.<br />

Ziel des Projektes ist es, für eine der geschichtlich und architektonisch-künstlerisch<br />

wichtigsten Klosterresidenzen des 17. und 18.<br />

Jahrhunderts in Süddeutschland eine Gesamtdokumentation der<br />

ihre Entstehung bestimmenden Konzepte und Fakten zu erstellen:<br />

von den ersten Planungsgedanken bis hin zum nahezu unverändert<br />

erhaltenen Bau. Bislang sind trotz vorhandener schriftlicher und bildlicher<br />

Quellen ältere und jüngere Untersuchungen unvollständig<br />

und oberflächlich geblieben. Die Quellen sollen im Rahmen des Projektes<br />

systematisch ausgewertet werden, um alle hier wirksamen<br />

Faktoren ökonomischer, politischer, spiritueller und künstlerischer<br />

Art zu erfassen und zu dokumentieren. Die vorgesehene Veröffentlichung<br />

soll zwei Teilbände umfassen (Teil I die Jahre 1672–1740;<br />

Teil II die Jahre 1740–1803).<br />

Ottobeuren<br />

Abtei

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