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JAHRESBERICHT 2000/2001 - Fritz Thyssen Stiftung

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35<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

Die Zeitgenossen haben diese Jahre als eine Zeit der Friedlosigkeit<br />

wahrgenommen, wie deren Rede von den „unruhigen und geschwinden<br />

Läuften“ indiziert. Das gerade durch die Unruhe ihrer<br />

Zeit evozierte Krisenbewusstsein ließ die Nachfrage der damals lebenden<br />

Menschen nach Sinn- und Deutungsangeboten, die zwischen<br />

religiös-konfessioneller und säkular-politischer Weltdeutung<br />

oszillieren, wachsen. Ihren Niederschlag fanden diese Gedanken in<br />

vielfältigen Formen einer auf Öffentlichkeit zielenden Kommunikation<br />

über Krieg und Frieden.<br />

Anknüpfend an die von der Reformationsgeschichtsschreibung herausgearbeitete<br />

Vielschichtigkeit öffentlichen Kommunizierens wird<br />

das Arbeitsvorhaben den Fragen nach den Formen der öffentlichen<br />

Verarbeitung und Auseinandersetzung mit den kriegerischen Ereignissen<br />

in dieser Zeit dramatischer religiöser, gesellschaftlicher und<br />

politischer Umbrüche nachgehen. Dem Projekt liegt dabei ein Kommunikationsbegriff<br />

zugrunde, der Kommunikation als einen vielschichtigen<br />

Verständigungsprozess über Wirklichkeit versteht. Öffentliche<br />

Kommunikation meint dabei in Anlehnung an den zeitgenössischen<br />

Wortgebrauch den Teil kommunikativen Handelns,<br />

der darauf zielt, Informationen über die kriegerischen Auseinandersetzungen<br />

dieser Jahre „allgemein“ zugänglich zu machen und als<br />

erinnerte Kriegserfahrung präsent zu halten. Auf diese Weise soll<br />

nicht nur ein präziseres Bild von den Wissens- und Erfahrungshorizonten<br />

der Zeitgenossen entworfen, sondern auch ein Einblick in die<br />

Strukturen und Funktionsweise einer Medienlandschaft gewonnen<br />

werden, deren Erscheinungsbild sich seit der Erfindung des Buchdrucks<br />

fundamental verändert hatte.<br />

Prof. A. Haverkamp, Arye-Maimon-Institut für Geschichte der Juden<br />

(Universität Trier) untersucht mit Unterstützung der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> die „,Judenbücher‘ als Quellen zur Sozialgeschichte des<br />

Spätmittelalters im europäischen Kontext“.<br />

Als „iuden puech“ bzw. „liber iudeorum“ werden im Spätmittelalter<br />

unterschiedliche Formen des Gebrauchsschriftguts bezeichnet.<br />

Darunter fallen hebräische Bücher (wie z. B. die Thora oder Geschäftsschriftgut<br />

jüdischer Bankiers) und städtische Verzeichnisse<br />

von „Judenbetreffen“ (u. a. Besitz-, Steuer- und Geleitverzeichnisse<br />

sowie besonders die von jüdischen Geldleihern abgeschlossenen<br />

Geschäfte). Judenbücher stellen eine ergiebige und bisher<br />

weithin ungenutzte Basis nicht nur für eine wirtschaftshistorische<br />

Auswertung, sondern auch für die Personen- und Sozialgeschichte<br />

des Spätmittelalters dar. Sie erlauben allgemeine Schlüsse zur<br />

Wirtschafts- und Geldgeschichte und gewähren Einblicke in das jüdische<br />

Gemeindeleben und in die Beziehungen zwischen Juden<br />

und Christen am Ausgang des Mittelalters. Ferner dokumentieren<br />

sie die Geschichte der Beziehungen zwischen Stadt und Umland<br />

und die Personen- und Institutionengeschichte der spätmittelalterlichen<br />

Stadt.<br />

Judenbücher

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