12.12.2012 Aufrufe

JAHRESBERICHT 2000/2001 - Fritz Thyssen Stiftung

JAHRESBERICHT 2000/2001 - Fritz Thyssen Stiftung

JAHRESBERICHT 2000/2001 - Fritz Thyssen Stiftung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

DDR<br />

Polit-<br />

Emigranten<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 62<br />

Demokratisierung des Sozialismus unterbreitet. Diese Diskussionen<br />

führten schließlich – forciert durch Veränderungen im Nachbarland<br />

Polen (Aufstand in Poznañ) und den ungarischen Volksaufstand – zu<br />

einer erneuten (nach 1953) schweren Krise an der Spitze der SED.<br />

Nach anfänglichen Schwankungen ging die Führung im Herbst 1956<br />

in die Offensive – als „Kampf gegen den Revisionismus“ – und begann,<br />

die missliebigen Kritiker durch Repressionen (Parteiausschluss,<br />

Entlassungen, Haft etc.) zumindest mundtot zu machen.<br />

Die Untersuchung zielt darauf, die wissenschaftspolitischen, ideologischen<br />

und besonders die philosophischen Ereignisse seit der sogen.<br />

„Freiheitskonferenz“ (März 1956) bis zur III. Hochschulkonferenz<br />

der SED, dem V. Parteitag der SED und den Verhaftungen des<br />

Jahres 1958 nicht nur am Beispiel der bekanntesten „Fälle“ (Harich,<br />

Bloch, Janka, Behrens, Kuczynski usw.), sondern in seiner ganzen<br />

Breite an den Universitäten und Hochschulen der DDR zu rekonstruieren<br />

sowie Inhalte, Mittel und Formen der Auseinandersetzungen<br />

zu analysieren. Ferner werden die verschiedenen Verhaltensweisen<br />

der Kritiker und Opfer im Kontext der neueren Diskussionen über<br />

„widerständiges Verhalten – Dissidenz – Opposition – Widerstand“<br />

beurteilt. Schließlich richtet sich das Forschungsinteresse auch darauf,<br />

die Auswirkung der Disziplinierung der Intelligenz durch die<br />

SED auf Lehre und Forschung, die wissenschaftliche Literatur und<br />

die Anpassungsstrategien der Wissenschaftler, wie sie für die sechziger<br />

und siebziger Jahre prägend wurden, skizzenhaft darzustellen.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> unterstützt Prof. Chr. Kleßmann (Zentrum für Zeithistorische<br />

Forschung, Potsdam) bei dem Projekt „Die Polit-Emigranten“.<br />

Eine sozialhistorische Studie zu Fremde und Fremd-Sein in der DDR.<br />

Im Kalten Krieg bemühte sich die DDR-Regierung, durch die Aufnahme<br />

politisch Verfolgter – sog. Politischer Emigranten – aus den<br />

Diktaturen Südeuropas (Griechenland, Spanien), später Befreiungsbewegungen<br />

der zerfallenden Kolonialreiche und ab 1973 durch<br />

Flüchtlinge und politisch Verfolgte aus der Militärdiktatur Chile –<br />

außenpolitisches Profil und innenpolitische Legitimation als „Auswanderungsland<br />

DDR“ zu gewinnen. Diese Bedeutung kontrastierte<br />

scharf mit der individuellen Rechtlosigkeit von Ausländern in der<br />

DDR und deren Abhängigkeit von den außenpolitischen Interessen<br />

der SED-Führung, da kein einklagbarer Rechtanspruch auf Asyl in<br />

der DDR existierte. Der ostdeutschen Bevölkerung wurden die Politemigranten<br />

als Freiheitskämpfer und „Objekte ihrer Solidarität“ präsentiert,<br />

die in der DDR eine neue Lebensperspektive gewonnen hatten.<br />

Doch erschienen sie in den Augen der DDR-Bevölkerung durch<br />

ihren politischen Status, staatliche Zuwendungen und die häufig aufrechterhaltene<br />

ausländische Staatsangehörigkeit privilegiert.<br />

Hiervon ausgehend sollen in diesem Projekt die rechtlich ungeregelte<br />

Aufnahmepraxis von Politemigranten in der DDR sowie deren<br />

Integrationsanstrengungen untersucht werden. Darüber hinaus soll

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!