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JAHRESBERICHT 2000/2001 - Fritz Thyssen Stiftung

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39<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

Im Zentrum des Forschungsvorhabens stehen die sächsischen Fürstenschulen,<br />

die für die Entwicklung des höheren Schulwesens in<br />

den deutschen Staaten prägend waren und eine große Zahl von Persönlichkeiten<br />

ausgebildet und erzogen haben, die später in die wissenschaftliche,<br />

politische und gesellschaftliche Elite aufstiegen (u. a.<br />

Lessing, Naumann, Kiderlen-Wächter, Bethmann-Hollweg).<br />

Die Fürstenschulen gehen auf mittelalterliche Klöster zurück, die im<br />

Verlauf der Reformation zu evangelischen Bildungseinrichtungen<br />

umgewandelt wurden. Für die Augustinerklöster St. Afra zu Meißen<br />

und St. Augustin zu Grimma sowie das Zisterzienserkloster St. Maria<br />

zu Pforte griff Kurfürst Moritz von Sachsen die Idee auf, einen völlig<br />

neuen Schultyp zu gründen, um Knaben ab dem 11. Lebensjahr zu<br />

erziehen und im Geiste des Humanismus für das spätere Studium an<br />

der Landesuniversität Leipzig heranzubilden. Ziel war es, die schulischen<br />

Bildungsfundamente für spätere Theologen, Verwaltungsbeamte<br />

und Lehrer zu legen. Die 60 bis 100 Internatsplätze standen zu<br />

20–25 Prozent einigen adligen Familien offen; 10–15 Prozent konnten<br />

durch den Landesherren direkt vergeben werden. Die Finanzierung<br />

jener Internatsplätze, der sogenannten Freistellen, war durch das<br />

den Schulen übertragene Klostervermögen gesichert. Darüber hinaus<br />

gab es an allen Fürstenschulen eine Reihe von sogenannten<br />

„Koststellen“, die gestaffelt nach den finanziellen Möglichkeiten der<br />

Eltern vergeben werden konnten. Mit diesem System war die Aufnahme<br />

und Ausbildung der Schüler von den finanziellen Verhältnissen<br />

der Eltern weitgehend unabhängig gemacht und damit die Idee<br />

der Leistungsschule zum Durchbruch verholfen.<br />

Der erste Teil der Forschungsarbeit bezieht sich auf die innere Entwicklung<br />

der Fürstenschulen. Hier stehen die Methoden und Ziele<br />

der Ausbildung im Vordergrund, die anhand von Lehrprogrammen,<br />

Stundenplänen, Tagesordnungen, Lektüren und Lehrgegenständen<br />

zu untersuchen sind. Diese Normen sind dann mit den praktischen<br />

Ausbildungs- und Erziehungsergebnissen zu vergleichen, welche<br />

u. a. aus Schülerarbeiten, Abgangsarbeiten, Untersuchungen gegen<br />

einzelne Schüler, Beschwerden gegen Lehrer und Memoiren von<br />

Lehrern und Schülern zu gewinnen sein werden. Im Zusammenhang<br />

mit der Ausbildung und Erziehung werden auch die Berufungspraxis<br />

von Lehrern und Rektoren sowie die Auswahl der Fürstenschüler in<br />

den Blick genommen.<br />

Der zweite Teil der Forschungsarbeit untersucht Entwicklung und<br />

Karriere der Absolventen der sächsischen Fürstenschulen. Dazu wird<br />

ein kombiniertes Verfahren aus historisch-statistischer Analyse und<br />

Prosopographie zur Anwendung kommen. Die Materialgrundlage<br />

bilden die Würdigungsschriften für die verstorbenen Lehrer und ehe-<br />

Abb. 2: Projekt „Katalogisierungsarbeiten der Inkunabel-Bestände<br />

der Bodleian Library, University of Oxford“: Weltkarte aus Ptolemäus,<br />

Cosmographia (Ulm: Johannes Reger, 1486).

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