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JAHRESBERICHT 2000/2001 - Fritz Thyssen Stiftung

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Hutterische<br />

Handschriften<br />

THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT 22<br />

zen in der Folgezeit. Der Versuch von Papst Sixtus V. (1585–1590), in<br />

der Indexkongregation durch die Berufung einer Vielzahl von Männern<br />

mit teils umfassender Bildung (u. a. Kardinal Bellarmin) eine<br />

„Expertenkultur“ durchzusetzen und ihre Stellung in der Hierarchie<br />

der Kurie aufzuwerten, zeigt nur kurzzeitigen Erfolg. Nach seinem<br />

Tod verliert die Indexkongregation wieder an Bedeutung, da die Inquisition<br />

ihre Kompetenzen im Bereich der Ketzerverfolgung immer<br />

wieder auch auf die Buchzensur ausdehnen kann. Das Problem der<br />

Autorität in Fragen der Bücherzensur bleibt ungeklärt, bis im Jahr<br />

1917 die Indexkongregation aufgelöst und ihre Tätigkeit vom „Sanctum<br />

Officium“ übernommen wird. Der Schwerpunkt des Forschungsvorhabens<br />

liegt darauf, die gesamten Überlieferungen der beiden<br />

Zensurbehörden für den Zeitraum von 1571 bis 1606 zu erschließen<br />

und systematisch auszuwerten, um einen umfassenden Aufschluss<br />

über Handlungsabläufe, Personal und Inhalte der Kongregationssitzungen<br />

zu erhalten und das Wirken der zwei maßgeblichen römischen<br />

Zensurbehörden zu beschreiben. Ferner ermöglicht die notwendige<br />

Exegese der einschlägigen Dokumente auch die Erfassung<br />

themenspezifischer Quellen. Ausgiebige Stichproben belegen, dass<br />

sich unter den Akten der Kongregation für Index und Inquisition<br />

auch umfangreiches Material bezüglich des Problems des Verhältnisses<br />

zwischen lateinischer und Vulgärsprache befindet. Die Verbindung<br />

zwischen Wissenskontrolle und dem Gebrauch einer Volksbzw.<br />

einer Gelehrten- oder Elitensprache liegt auf der Hand. Anhand<br />

einer Analyse dieses Themas lässt sich also exemplarisch das<br />

Bemühen der Kirche erhellen, eine kulturelle Hegemonie zu erlangen<br />

oder zu verteidigen.<br />

Beabsichtigt ist also nicht nur die Edition zentraler Dokumente und<br />

deren Kommentierung, sondern auch ein grundlegender Beitrag zur<br />

bisher so gut wie unerforschten Behördengeschichte der „Kongregation<br />

für den Index der verbotenen Bücher“ und eine thematische Untersuchung<br />

zum Thema Bücherzensur in Rom zur Zeit der sogenannten<br />

„Gegenreformation“.<br />

Die Dokumente der beiden Zensurkongregationen lagern im Archiv<br />

der Glaubenskongregation der Katholischen Kirche und sind seit<br />

1998 zugänglich. Es handelt sich dabei i.W. um die Sitzungsprotokolle<br />

(„Diarii“, ca. 1.200 Textseiten) und Akten („Protocolli“, ca.<br />

13–14.000 Folioseiten) der Indexkongregation sowie ca. 30 Jahresbände,<br />

die die wöchentlichen Besprechungen des „Sanctum Officium“<br />

und u. a. zahlreiche Zensurfälle („Decreta“, ca. 120 bis 130 Folioseiten<br />

pro Band) dokumentieren.<br />

Der Katalogisierung der in Europa befindlichen hutterischen Handschriftenkodizes<br />

des 16.–18. Jahrhunderts dient ein von der <strong>Stiftung</strong><br />

gefördertes Projekt von Prof. G. Seebaß (Wissenschaftliches Theologisches<br />

Seminar, Universität Heidelberg).<br />

Das Ziel des Projekts ist die vollständige Aufnahme der hutterischen<br />

Handschriftenkodizes des 16.–18. Jahrhunderts. Diese Handschriften

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