JAHRESBERICHT 2000/2001 - Fritz Thyssen Stiftung

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Jugend 1945 Sowjetische Deutschlandpolitik GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 58 deten sich in den Städten räumlich bestimmbare Märkte, auf denen der Schwarzhandel betrieben wurde. Die Anfänge des Schwarzmarkthandels lagen bereits in der Zeit des Zweiten Weltkrieges, als sich die Versorgungslage der Bevölkerung verschlechterte; entscheidend bestimmte der Schwarzhandel die Lebensverhältnisse der Bevölkerung dann seit Ende 1944/Anfang 1945 bis nach der Währungsreform 1948. In der SBZ/DDR haben sich Schwarzmarktpraktiken noch bis in die fünfziger Jahre gehalten. Erst die Ausgestaltung der staatlichen Handelsorganisation (HO) scheint dem Schwarzmarkt das Wasser abgegraben zu haben. Das Projekt begreift den Schwarzhandel zum einen als einen Hohlspiegel, der gesellschaftliche Phänomene der Zeit wie die Neuorientierung im Angesicht von Zusammenbruch und beginnendem Wiederaufbau bündelt. Am Beispiel des Schwarzmarktes ließen sich – so die Prämisse – mehrere Entwicklungslinien der Kriegs- und Nachkriegszeit studieren: die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Übergang von der Kriegs- zur Friedenswirtschaft, die Frage nach dem Verhältnis von Konsummöglichkeiten und staatlicher Obrigkeit sowie die Veränderung der sozialen Ordnung einer sich wandelnden Gesellschaft. Zum anderen wird die Organisation der Berliner Schwarzmärkte systematisch beschrieben. Ins Blickfeld rücken dabei die räumliche Dimension und der Teilnehmerkreis, die Praktiken der Akteure und nicht zuletzt die Tauschwaren. Mit der Thematik „Jugend 1945 – Jugend im Umbruch“ ist ein von der <strong>Stiftung</strong> gefördertes Projekt befasst, das Dr. M. Rüther (NS-Dokumentationszentrum, EL-DE-Haus, Köln) betreut. Das Vorhaben gilt als Pilotprojekt für eine umfassende Erforschung der Mentalitätsgeschichte der frühen Bundesrepublik sowie einer wissenschaftlichen Annäherung an die Frage der Beeinflussung von Jugendlichen durch Politik und Schule. Ziel des Projektes ist – demonstriert am Beispiel des traditionsreichen Kölner Dreikönigsgymnasiums (DKG) – die Erfassung, Erschließung und digitale Aufarbeitung einer zentralen seriellen Quelle, die Aufschlüsse über Einstellungen und deren Veränderungen sowie Verhaltensweisen von Jugendlichen in den Jahren 1931 bis 1952 geben soll. Durch die Einbeziehung der Endphase der Weimarer Republik und der Zeit des Nationalsozialismus dürften Beeinflussungen von Jugendlichen hinsichtlich von Mechanismen in Erziehung, Manipulation, Propaganda besonders greifbar werden. Zur Auswertung werden Deutschaufsätze und niedergeschriebene Lebensläufe von Abiturienten der Jahre 1931, 1932, 1937, 1938, 1941, 1942 sowie 1946 bis 1952 – unter Wahrung der Anonymität – herangezogen. Die Forschungsergebnisse sollen sowohl in einer Publikation und einer Internetversion zugänglich gemacht als auch auf einer Tagung präsentiert werden. Für den Abschluss der „Erschließung und Sicherung von Quellen zur sowjetischen Deutschlandpolitik der Jahre 1941 bis 1949 aus dem Archiv für Außenpolitik des Ministeriums für Auswärtige Angelegen-
59 GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN Abb. 3: Projekt „Erschließung und Sicherung von Quellen zur sowjetischen Deutschlandpolitik der Jahre 1941 bis 1949 aus dem Archiv für Außenpolitik des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der Russischen Föderation“: Staatssekretär Wolfgang Ischinger (AA), Prof. Konrad H. Jarausch (Direktor des Zentrums für zeithistorische Forschung, Potsdam) und Botschafter Dr. Pjotr V. Stegnij (Chef der Historisch- Dokumentarischen Verwaltung des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der Russischen Föderation) auf der Pressekonferenz zur Vorstellung des zweiten Bandes der Edition „Die UdSSR und die deutsche Frage“ am 20. Juni <strong>2000</strong> im Kronprinzenpalais in Berlin.
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