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JAHRESBERICHT 2000/2001 - Fritz Thyssen Stiftung

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Trauma<br />

Diskurs<br />

Literatur<br />

SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 140<br />

scheidungsplanung und Durchführung institutionalisierter Gewaltakte<br />

zukommt. In Vorbereitungsphasen moderner politischer Gewalt<br />

kommen Maßnahmen der Stigmatisierung der Opfergruppen, die<br />

sich auf sprachliche, medial vermittelte Verfahren stützen, entscheidende<br />

Bedeutung zu. Dabei werden in den Definitions- und Exklusionsstrategien<br />

der modernen Genozidpolitik ebenso neu geschaffene<br />

wie generational überlieferte sprachliche Muster vermutet. Die Fokussierung<br />

politischer Handlungsmuster, die über spezifische Übertragungsmechanismen<br />

als vorgegebenes Wissen für nachfolgende<br />

Generationen Gültigkeit beanspruchen, wirft auch die Frage nach<br />

der übergreifenden Relevanz des Ereignisses für gesellschaftspolitische<br />

Entwicklungen Deutschlands in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />

auf.<br />

Die Untersuchung sprachlicher Exklusionsstrategien schließt an<br />

Konzepte der Vorurteilsforschung sowie an soziologische und psychologische<br />

Modelle zu Fremddefinition und Fremdverstehen an,<br />

wie sie z. B. in jüngeren amerikanischen Studien zu Race, Class,<br />

Gender und Ethnicity vertieft und in Deutschland im Rahmen der<br />

Antisemitismusforschung ausgearbeitet worden sind. Grundlage der<br />

Forschungsarbeiten ist eine umfassende Analyse zeitgenössischer<br />

Presseberichte, autobiographischer und belletristischer Texte, Reiseberichte,<br />

populärwissenschaftlicher, kolonialwissenschaftlicher und<br />

historiographischer Veröffentlichungen sowie amtlichen Quellenmaterials.<br />

Für die Herausarbeitung und Charakterisierung einzelner<br />

sprachlicher Muster werden Methoden der historischen und semiotischen<br />

Diskursanalyse nutzbar gemacht. Die Überprüfung der<br />

sprachlichen Figurationen erfolgt aus individual-psychologischer,<br />

mentalitätsgeschichtlicher, soziokultureller und politisch-strategischer<br />

Perspektive.<br />

Bisher veröffentlicht wurde im Rahmen des Projekts:<br />

Brehl, Medardus: Vernichtung als Arbeit an der Kultur. Kolonialdiskurs,<br />

kulturelles Wissen und der Völkermord an den Herero. –<br />

In: Zeitschrift für Genozidforschung. 2. <strong>2000</strong>, 2. S. 2–28.<br />

Prof. H. Pfeiffer, (Institut für Romanistik, Humboldt-Universität Berlin)<br />

bearbeitet mit Unterstützung der <strong>Stiftung</strong> das Projekt „Traumatische<br />

Texte. Trauma – Diskurs – Literatur“.<br />

Die Fragestellung des Projekts profiliert den Zusammenhang zwischen<br />

Trauma und Diskurs, Geschichte und Narration. Sie erarbeitet<br />

einerseits die historischen Voraussetzungen und Artikulationsspielräume<br />

einer diskursiven Figur, andererseits die ästhetischen Inszenierungen,<br />

in denen traumatische Erfahrungen zur Geltung gebracht<br />

werden. Im Mittelpunkt steht dabei die literarische Fiktion.<br />

Der Begriff des Traumas hat sich seit Ende des 19. Jahrhunderts<br />

zunächst im Kontext der Neurosenlehre als Fachterminus der Psychiatrie<br />

und der Freudschen Psychoanalyse herausgebildet. Die<br />

Übernahme des Begriffs aus der chirurgischen Medizin durch die

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