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nicht nur im Kohlenpott, sondern im ganzen Bundesgebiet sind Ausbildungsplätze rar geworden.<br />

Gab es in Industrie und Handwerk noch 1969 rund 640.000 Lehrstellen, so sank die Zahl bis 1972<br />

auf 340.00. Und seit 1985 bis ins Jahr 2.000 stieg die Zahl der jugendlichen Arbeitslosen in<br />

Deutschland von 6,1 Prozent konstant auf 8,0 Prozent.<br />

Und das in einer Republik, in der es spätestens ab dem Jahr 2010 überall an Facharbeitern<br />

mangelt. Sinkende Geburtenraten, steigende Lebenserwartungen werden <strong>als</strong> Gründe dafür genannt.<br />

Diese Entwicklung wird sich überdeutlich bei den Jugendlichen bemerkbar machen. In der<br />

Tendenz dieser Jahre werden Jüngere immer weniger, die Älteren zunehmend mehr. Trotz<br />

fortwährender Arbeitslosigkeit ist ein Fachkräftemangel bereits absehbar. Dort, wo Bildungsplan<br />

und Schüler-Bedarfsberechnungen künftiger Generationen zwingend erforderlich sind, überlassen<br />

in Deutschland der Bund mit seinen 16 Ländern in letzter Konsequenz die Befähigung junger<br />

Menschen dem freien Spiel der Kräfte, Angebot und Nachfrage, Konjunktur oder Rezession<br />

entscheiden über Bildungsniveau wie auch berufliche Qualifikation. Das Grundrecht auf Bildung,<br />

auf Ausbildung ist längst ausgedünnt worden - wird zunehmend zur Makulatur früherer Jahre.<br />

Hinzu kommt, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in manchen Branchen<br />

gravierende Strukturkrisen klassischer volkswirtschaftlicher Kernbereiche offenbarten. Das hat<br />

viele Gründe, die da wären:<br />

• Strukturkrisen und Anpassungszwänge wie in der Bauwirtschaft, in der Automobil-,<br />

Textil- und Schuhindustrie;<br />

• Rationalisierungen in Industrie und Handel. Seit 1965 verringerten sich die<br />

Arbeitsplätze für Verkäuferinnen bereits um 80.000, weil immer mehr<br />

Selbstbedienungsläden eingerichtet wurden;<br />

• außerdem haben Industrie, Handel und Handwerk, die jahrelang über<br />

Nachwuchssorgen klagten, wegen der geplanten Berufsbildungsreform der<br />

sozialliberalen Koalition von sich aus das Lehrstellenangebot reduziert. Otto Wolff<br />

von Amerongen (*1918 +2007), Präsident des Deutschen Industrie- und<br />

Handelstages (1969-1988): "Wenn die Berufsausbildung total verschult und der<br />

Betrieb zu einem Restfaktor der Ausbildung degradiert wird, übernehmen wir keine<br />

Verantwortung mehr."<br />

Die Folgen: In der Bundesrepublik hatten 1974 rund 200.000 Jugendliche zwischen 15<br />

und 21 Jahren weder Lehrstelle noch Aushilfsjob. Mittlerweile sind mehr <strong>als</strong> drei Jahrzehnte<br />

vergangen: nur die Situation Jugendlicher auf dem deutschen Arbeitsmarkt, ihre berufliche<br />

Ausbildungschancen, die haben sich nicht verbessert, sondern verschlechtert. Die Zahlen für das<br />

Jahr 2008: Von den insgesamt 620.000 gemeldeten BewerberInnen fanden nur 292.130 direkt einen<br />

Ausbildungsplatz. Etwa weniger <strong>als</strong> die Hälfte eines Jahrgangs (241.750) suchten sich<br />

notgedrungenerweise eine andere Alternative, etwa Jobben, Grundwehr- oder Zivildienst, Praktika.<br />

Zudem wurden 81.500 junge Menschen in spezielle ausbildungsvorbereitende Maßnahmen<br />

"geparkt". Bilanz dieses Jahres in einer Ära des wirtschaftlichen Aufschwungs in Deutschland:<br />

Nach offizieller Lesart der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit hingegen blieben lediglich 14.500<br />

Jugendliche chancenlos draußen vor der Tür, ohne einen Ausbildungsplatz, ohne die Möglichkeit<br />

einer noch so kleinen Qualifikation auf der Strecke. Arbeitslos ist demnach nur jener, der nach<br />

einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachsucht. Die Mehrheit von über Hunderttausenden<br />

Jugendlicher hingegen wird von derlei beschönigten Statistiken gar nicht mehr erfasst - fällt durchs<br />

Raster.<br />

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