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Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

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Enttäuscht über die Hintergründe dieser Wahl sind auch Mitglieder des<br />

Bundesfrauenausschusses der SPD, deren Vorsitzende Annemarie Renger seit 1967 ist. So die<br />

SPD-Abgeordnete Lenelotte von Bothmer, die warnte davor, dass sich Frauen in der Politik wieder<br />

und aberm<strong>als</strong> <strong>als</strong> "Mode-Puppen" vermarkten lassen. Sie hatte damit hinreichende, leidvolle<br />

Erfahrungen machen können. Dam<strong>als</strong> an jenen Vorabenden der Emanzipation, <strong>als</strong> sie im Jahre<br />

1970 wagte, mit einem Hosenanzug ans Rednerpult zu treten. Vizepräsident Richard Jäger polterte,<br />

er werde es keiner Frau erlauben, in Hosen im Plenum zu erscheinen, geschweige sogar eine Rede<br />

zu halten. - Ein Verstoß gegen die Kleiderordnung. Im Saal johlten unisono Männer, fröhliche<br />

Zurufe, Gelächter wie am Schießstand - Ziel: Frau mit Hosenanzug <strong>als</strong> Politik-Ereignis. Immerhin<br />

war diese Mode-Schau zu Bonn der 20-Uhr-Tageschau in Hamburg eine übergeordneter Film-<br />

Bericht wert. Dabei war es gerade Lenelotte von Bothmer, die in ihren Empfindungen,<br />

Wahrnehmungen " frauenfeindliche Gesinnungen aufzuspüren trachtete. Sie sagte: "Diese Art, das<br />

weibliche Geschlecht der Lächerlichkeit preiszugeben, durch die Manege zu jagen und dann eine<br />

andere, eine Männer-Freundin, brav auf einen Posten zu hieven, ist anti-emanzipatorisch. Eine<br />

Frau muss auf Grund ihrer Qualifikation vorgeschlagen werden und nicht, weil sie gut aussieht."<br />

So manche SPD-Genossinnen finden ohnehin, dass sich Annemarie Renger zu wenig für<br />

Frauen - dafür aber viel für ihre Mode verausgabt. Ganz plötzlich, verändert sie mal ihr Aussehen,<br />

Haarfrisur mit Föhnaufsatz samt Schminke und letztlich ihren Boutiquen- Fummel derart häufig,<br />

dass sie selbst von langjährigen Zeitungskorrespondenten in Bonn nicht mehr ohne weiteres<br />

erkannt wird. - Eine Neue in Bonn? "Nein, nein - das ist doch Frau Renger. Wirklich?" Frauen <strong>als</strong><br />

Schönheitssymbol. - Nur beim Streit um die Reform des Abtreibungsparagrafen 218 machte sich<br />

Annemarie Renger erst für die Fristenlösung stark, <strong>als</strong> sie erkannte, dass die Mehrheit dafür war.<br />

Noch 1970 predigte sie auf dem Bundesfrauenausschuss der SPD in Nürnberg "Zurückhaltung in<br />

der Öffentlichkeit." Kurz danach attackierte sie Lenelotte von Bothmer, weil sich die Mutter von<br />

sechs Kindern statt der Frauen-Vorsitzenden Renger in einem Fernsehinterview über die<br />

Fristenregelung profiliert hatte. - Ein Image-Profil, das offenkundig nur ihr zuzustehen scheint.<br />

Frauen-Soldarität.<br />

Dass es der selbstbewussten Parlamentarierin, die seit 1966 mit dem jugoslawischen<br />

Kaufmann Alexander Loncarevic (+1973) verheiratet ist, an der nötigen Energie für ihr Amt fehlen<br />

könnte, ist nicht zu befürchten. Als auf dem gleichen Frauenkongress eine Jungsozialistin gegen die<br />

Beschränkung der Redezeit protestierte, sprang die SPD-Lady auf und entriss ihr einfach das<br />

Mikrofon. Eine Energie, für die die "Süddeutsche Zeitung" die Formulierung fand, dass Frau<br />

Renger "oft mangelnde Schärfe des Arguments mit dem Druck der Ellenbogen kompensierte".<br />

Die Sozialdemokratin von Bothmer hält die Freidemokratin Lieselotte Funcke deshalb<br />

auch für die geeignetere Kandidatin, weil "Annemarie sich zum Beispiel über die Parlamentsreform<br />

noch keine Gedanken gemacht hat". Den Unterschied zwischen Qualifikation und Karriere sieht<br />

Annemarie Renger selber: "Die FDP zieht eben intellektuelle Frauen an, bei der SPD kann man<br />

nur durch Partei die Position erwerben." Das ist die Karriere der "Konzessionsfrauen", gegen die<br />

sich viele engagierte Sozialdemokratinnen energisch wehren - wie die hessische<br />

Landtagsabgeordnete Dorothee Vorbeck: "Wir wollen doch keine Politik auf der Spielwiese<br />

betreiben, die uns die Männer zuweisen."<br />

An diese "Spielwiese" war die bisherige Parlamentarische Staatssekretärin Katharina Focke<br />

(SPD-MdB 1969-1989) , die eine Zeitlang <strong>als</strong> Kandidatin für das Parlamentspräsidenten-Amt im<br />

Gespräch war, nicht interessiert. Sie will auch in der neuen Regierung für Europa-Fragen zuständig<br />

bleiben. Und die Berliner Schulrätin Marie Schlei (*1919+1983), die ebenfalls <strong>als</strong> Anwärterin<br />

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