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Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

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Mit dem Namen Renger verbindet sich durch Amt und Würden schon Frauen-Aufbruch,<br />

Frauen-Mitbestimmung, Frauen-Partizipation in diesen Jahren. Nebelkerzen. Bei näherer<br />

Betrachtung richten sich die Röntgenblicke auf eine wohldosierte Schönwetter-Rhetorik. Denn seit<br />

Bestehen der Bundesrepublik hält Annemarie Renger für das feminine Selbstbewusstsein vor<br />

Frauenverbänden "nur schöne Reden ", (SPD-MdB Lenelotte von Bothmer 1969-1980;<br />

*1915+1997) "ohne jem<strong>als</strong> ernsthaft auch nur für die kleinste Konzeption zur Emanzipation der<br />

Frauen einzutreten, Konflikte gegen die Männer durchzustehen." Schon zu jener Zeit beginnen<br />

SPD-Frauen erst zaghaft, dann zusehends vehementer ein neues Gruppenbewusstsein zu<br />

entwickeln, heißen sie nun von Bothmer, Anke Brunn (NRW-Ministerin für Wissenschaft und<br />

Forschung 1985-1988)oder Dorothee Vorbeck (hessische Staatssekretärin im Kultusministerium<br />

1982-1984).<br />

(dam<strong>als</strong> zog sie <strong>als</strong> "Miss Bundestag" durch die Lande und porträtierte sich kurz und<br />

knapp): "Das, was ich bin, bin ich durch Kurt Sie wollen weg von der Annemarie-Renger-AsF<br />

(Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen) - dort, wo in "Geselligkeits- und Erlebnis-<br />

Klubs" beim "Kochen und Schminken" sozialdemokratisch gedacht, gefühlt, gehofft und gestrickt<br />

wird. Sie sagen: "Wir wollen über die Beseitigung der kapitalistischen Klassengesellschaft die volle<br />

Emanzipation erstreiten." Annemarie Renger entgegnet: "Ich wundere mich darüber, dass Frauen<br />

eine Sonderrolle spielen müssen."<br />

Annemarie Renger, die 1953, ein Jahr nach Schumachers Tod, ins Parlament eintrat<br />

verkündete sendungsbewusst. „Aus dieser Zeit schöpfe ich meine Kraft.“ Manche Genossen um<br />

Willy Brandt beobachteten Annemarie Rengers politischen Ehrgeiz vor allem deshalb mit<br />

Unbehagen, weil die Schumacher-Vertraute Vieles über viele Sozialdemokraten weiß - vor allem wo<br />

so manche "Leichen im Keller versteckt worden sind", sagte sie einmal und führte an anderer Stelle<br />

fort, "ich habe da sieben Jahre an der Quelle gesessen." -Renger-Jahre.<br />

Und Helmut Schmidt (Kanzler 1974-1982) sagte einem Ministerkollegen schon vor der<br />

Wahl in seiner direkten Art, warum er die Sportwagenfahrerin und Tennisspielerin lieber nicht im<br />

Kabinett haben möchte: "Die quatscht mir zu viel." Herbert Wehner indes hatte andere,<br />

machtpolitische Gründe, Annemarie Renger zur Nachfolgerin der Bundestagspräsidenten<br />

Hermann Ehlers (19501954; *1904+1954), Eugen Gerstenmeier (1954-1969; *1906+1986), Kai-<br />

Uwe von Hassel (1969-1972; *1913+1997) aufsteigen zu lassen. Im internen Wehner-Zirkel war<br />

auch von Frauen-Aufbruch, Gleichberechtigung, Signalwirkung keine Rede. Machtpolitik war<br />

angesagt - Politik auf den Schachbrettern der Männer, auf denen Frauen <strong>als</strong> Läuferinnen ihre<br />

Rochaden zu parieren haben. Freilich nur durch eine Frau, so Wehners Kalkül, konnte er seinem<br />

Intim-Feind, dem schwergewichtigen Hermann Schmitt-Vockenhausen, HSV genannt (SPD-MdB<br />

1953-1979; *1923+1979) den Weg zum Präsidentenstuhl verbauen, auf den dieser, Vizepräsident<br />

seit 1969, schon ein Anspruch zu haben glaubte.<br />

Aus gutem Grund hatte Herbert Wehner in der Wahlnacht zuerst- vor der Einigung mit<br />

Parteichef Willy Brandt - dem FDP-Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Mischnick (1978-1982;<br />

*1921+2002) gegenüber bereit erklärt, der SPD-Fraktion die Freidemokratin Lieselotte Funcke<br />

(Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages (1969-1979) für dieses Amt schmackhaft zu machen.<br />

Sie hatte sich <strong>als</strong> Vizepräsident bewährt, und eine Frau sollte es auf jeden Fall sein. Denn jeder<br />

männliche SPD-Kandidat - wie zum Beispiel Ex-Finanzminister Alex Möller (*1903+1985) - hätte<br />

gegen "HSV" einen schweren Stand gehabt. Nachdem Wehners Schachzug geglückt war, konnte<br />

der körperlich schwer-gewichtige Hermann-Schmidt-Vockenhausen seinen Verdruss, seine<br />

Enttäuschung nicht verbergen: "Ich bin maßlos enttäuscht über die Ämter-Schacherei."<br />

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