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Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

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Was so viel heißt: raus mit den vermotteten Utensilien napoleonischer Beutezüge, die<br />

irgendwo in den Kellern einlagern; raus mit den Exponaten lokaler Größen längst verblichener<br />

Tage. Es waren vornehmlich Männer aus dem 19. Jahrhundert, deren Konterfeis Schleifen und<br />

Kränze eine verstaubte Würde verliehen.<br />

Das Provinzmuseum Brou und seine Konservatorinnen - das sind Frauenbrüche oder<br />

auch der langsame Abschied von glorreich hochgehaltenen Männertagen, die da <strong>als</strong> Kunst<br />

daherkamen. Auch wenn ihr Etat zurzeit keine Ankäufe zulässt, wollen sie rein in die<br />

zeitgenössische Kunst, wollen ausstellen, thematisieren, diskutieren, wollen rein in die Schulen, um<br />

für Kinder den eher abstrakten Kunstbegriff erlebbar zu vermitteln.<br />

Wenn da nur nicht die Geldsorgen wären. Marie-Françoise verwaltet jährlich etwa 140.000<br />

Euro für neue Präsentationen und den jeweiligen Katalogdruck. Die Stadt kommt mit etwa 550.000<br />

Euro für Personalausgaben, Computer- und Telefonkosten, Strom etc. auf. In der Mitterrand-Ära<br />

(1981-1995) stand den Museumsfrauen für den Ankauf von Kunstwerken ein von Paris<br />

bezuschusster Betrag zwischen 23.ooo und 180.000 Euro zur Verfügung - je nach Haushaltslage.<br />

Nur in diesem Jahr bekommt das Brou-Museum wie auch viele andere on der Republik nicht<br />

einmal mehr einen Cent aus Paris.<br />

"Als wir noch reich waren", begeistert sich Brou-Konservatorin Marie-Dominique Nivière<br />

noch im nach- hinein, "da machten wir drei Ausstellungen im Jahr." "Nein", unterbricht Marie-<br />

Françoise, "wir haben 1982 auch schon mal zwölf Vernissagen organisiert. Da hatten wir Frauen<br />

einen richtigen Kunsthunger in dieser Region."<br />

Es war die Zeit, <strong>als</strong> Marie-Françoise in den Niederlanden auf den Bildhauer Richard Serrat<br />

stieß. Sie kamen überein, dass er mit zwei neu entworfenen Skulpturen dem Klosterrundgang<br />

Eintönigkeit nimmt. Der amerikanische Künstler sorgte für Wirbel in dem Städtchen Bourg-en-<br />

Bresse. Wütende Artikel in den Medien, Flugblätter besorgter Bürger, Protestgeschrei vierlerorts.<br />

Nur Marie-Françoise mit ihren Frauen blieb eisern - sie setzen Richard Serrat durch. Mit<br />

diesem Prestigekampf haben sie sich aber auch erst selber behaupten können. Seither steigt die<br />

Besucherzahl ihres Museums stetig. In früheren Zeiten kamen jährlich etwa 40.000 Menschen, um<br />

Frankreichs Epoche im 19. Jahrhundert zu bestaunen. Unter ihrer Frauenregie sind es inzwischen<br />

circa 120.000 Besucher - ist das Musée de Brou zum attraktiven Touristenfaktor dieser Region<br />

geworden.<br />

Nur eines ist geblieben, wie es schon immer war, wenn auch nur <strong>als</strong> Ritual. Wenn sich die<br />

Direktorin Marie-Françoise Poiret in den Abendstunden auf den Heimweg macht und sich vom<br />

Museumspförtner Jacques verabschiedet, ruft dieser - die Mütze aufsetzend - ein "bonne soirée,<br />

"Mademoiselle" hinterher.<br />

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