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Topf geworfen wird.“ Sein Nachfolger Walter Scheel (1974-1979) sieht inzwischen die Gefahr, "<br />

dass der Radikalen-Erlass zu rigoros gehandhabt wird".<br />

Der Schweizer Schriftsteller Max Frisch (*1911+1991) fragte auf dem SPD-<br />

Bundesparteitag 1977 in Hamburg die Delegierten, was noch alles passieren müsse, damit „die<br />

Zukunft nicht der Angst gehört.“ Und der Berliner Theologie-Professor Helmut Gollwitzer (<br />

*1908+1993) glaubt gar, dass die Bundesrepublik „die Maulkorb-Insel Europas“ wird.<br />

Auch zwei renommierte Richter sind auf Distanz zum Radikalen-Urteil gegangen. Für die<br />

vom Land Bayern abgelehnte Juristin Charlotte Niess übernahm Walter Seuffert (*1907+1989) die<br />

Verteidigung gegen den Freistaat. Seuffert war Vorsitzender jenes Senats des<br />

Bundesverfassungsgerichts, der 1975 die Berufsverbotspraxis absegnete. Verfassungsrichter<br />

Helmut Simon "schämt sich, dass die Leuchtkraft der bundesdeutschen Verfassungsordnung durch<br />

eine Gesinnungsschnüffelei verdunkelt wird". Eine Ausweitung der Radikalenhatz ist indes nicht<br />

ausschlossen.<br />

Ungeachtet der Kritik aus dem In- und Ausland ist eine Ausweitung der Radikalenhatz<br />

nicht mehr ausgeschlossen. Unter dem Vorwand der Terrorismus-Bekämpfung nennt der CDU-<br />

Bundestagspräsident Karl Carstens (*1914+1992) in einem Drei-Punkte-Interview mit der Bild-<br />

Zeitung („Wie man den Terror bekämpfen kann“) die schlimmen Gewaltverbrechen à la Baader-<br />

Meinhof mit dem in einem Atemzug. CDU-<br />

Ministerpräsident Gerhard Stoltenberg (*1928+2001 ) erklärt im Saarländischen Rundfunk:<br />

„Durch das Aufkommen militanter terroristischer Organisation gibt es für den Extremisten-<br />

Beschluss heute noch triftigere Gründe <strong>als</strong> dam<strong>als</strong>.“ Und Hessens Landeschef Alfred Dregger<br />

(*1920+2002) will aus dem “Radikalen-Erlass ein Radikalen-Gesetz“ machen, weil er „einen neuen<br />

Adolf Hitler verhindern will. Bayern Kultusminister Hans Mayer ( 1970-1986 ) erklärte sogar:<br />

„Unser Land hat nicht nur ein Recht auf treue Beamte, sondern auch auf treue Bürger.“<br />

Im Jahre 112 nach Christi Geburt ging es im Vergleich zur deutschen Bundesrepublik des<br />

Jahres 1978 ausgesprochen liberal zu. Dam<strong>als</strong> fragte Plinius der Jüngere, seines Zeichens Statthalter<br />

von Bithynien, seinen Kaiser Trajan, wie er sich bei der Verfolgung von Christen zu verhalten<br />

habe. Die Antwort des römischen Kaisers: „Man soll ihnen nicht nachspüren. Falls sie gemeldet<br />

und überführt werden, sind sie zu bestrafen. Anonym vorlegte Listen dürfen jedoch bei keiner<br />

Anklage Verwendung finden, denn dies ist von äußerst schlechtem Beispiel und unserer Zeit nicht<br />

würdig.“<br />

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