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Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

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fuhren dann ein paar Stunden durch Teheran, vor allem ins Universitätsgebiet. Ich musste ihnen<br />

abtrünnige Studenten zeigen, die ich ausgespäht hatte. Da ich jedoch meinen Auftrag nicht erfüllt<br />

habe, drohten sie meine Frau zu vergewaltigen. Nach fünf Monaten hielt ich es nicht mehr aus. Ich<br />

besprach alles mit meiner Frau. Wir waren uns einig, dass es für mich nur noch eine Möglichkeit<br />

gab: die Flucht ins Ausland. Ich schlug mich nach Südpersien durch und traf dort Schmuggler, die<br />

mich über die Grenze brachten."<br />

Für oppositionelle Iraner ist es heute schwieriger denn je, ihr Land zu verlassen. Der<br />

Staatsapparat will ihre Kritik in seinen Gefängnissen ersticken, um sich die Jagd nach<br />

Regimegegnern im Ausland zu ersparen. Auf dem schwarzen Markt in Teheran werden deshalb<br />

besonders Ausweispapiere und Reisevisa teuer gehandelt. Der Deutsche Gerhard Klysch, der in<br />

Teheran in einem Straßenbau-Unternehmen arbeitete, saß zwei Jahre im Gefängnis zu Ewin. Er<br />

hatte mit f<strong>als</strong>chen Papieren in Bedrängnis geratenen Iranern zur Ausreise verholfen.<br />

Die Zahl der politischen Gefangenen im Iran kann nur geschätzt werden, weil niemand<br />

über präzise Zahlen verfügt. Seit dem Jahre 1972 lehnt es das Schah-Regime strikt ab, neutrale<br />

Beobachter zu den Prozessen zuzulassen. Nach Meinung der amnesty international-Beobachter<br />

sollen im Iran etwa 100.000 politische Gefangene eingekerkert sein. Ein einsamer Weltrekord, der<br />

nur durch einen anderen überboten wird: Der Iran hat die höchste Hinrichtungsquote. Seit 1972<br />

wurden über 300 Menschen von Militärgerichten zum Tode verurteilt und exekutiert. Und immer<br />

geschieht das nach der gleichen Methode: Die SAVAK foltert die "Geständnisse" heraus, die<br />

Richter sprechen ihr "Recht". Beweisanträge der Verteidigung und Folternarben lassen Persiens<br />

Richter unbeeindruckt. Iraner, die eine "kollektivistische Ideologie haben" oder "sich gegen die<br />

Monarchie stellen", müssen nach Artikel 1-7 des Strafgesetzbuches mit der Todesstrafe rechnen.<br />

Nachdem die Erschießungskommandos ihr Geschäft erledigt haben, informiert die<br />

SAVAK-Zentrale ihre europäischen Außenstellen. Dossier 331/1152 vom 24. Mai 1973: " ... zwei<br />

Offiziere wurden zur Hinrichtung, die restlichen fünf zu Gefängnisstrafen zwischen 18 Monaten<br />

und 15 Jahren verurteilt. Es muss dafür gesorgt werden, dass diese Information nicht an die<br />

Öffentlichkeit und Presse gelangt." Der SAVAK-Chef heißt General Nematollah Nassiri (1965-<br />

1978; *1911+1979). "Kargoscha", so sein Deckname, ist ein 70jähriger mittelgroßer Mann mit<br />

einem dicken, runden, pockennarbigen Gesicht und gelbbraunen Augen. Der General ist ein alter<br />

Gefolgsmann des Schah, mit dem er gemeinsam die Militärakademie besuchte und auch heute noch<br />

mit ihm im Palast Karten spielt. Nassiri, der sich kaum in der Öffentlichkeit zeigt und lieber im<br />

Hintergrund wirkt, ist dem Schah direkt unterstellt und braucht sich sonst vor niemanden zu<br />

verantworten. Selbst die Minister sind vor ihm nicht sicher. Es gibt nichts im Lande, seien es<br />

Bettgeschichten, Korruptionsaffären oder politische Abweichungen, was Nassiri nicht in seinen<br />

Akten mit Beweismaterial aufgearbeitet hat; für den Schah jederzeit abrufbar.<br />

Nassiri ist der dritte SAVAK-Chef. Als die SAVAK im Jahre 1957 gegründet wurde, war<br />

die Weltöffentlichkeit mit den Amouren des Schah beschäftigt. Seine Hollywood-Tänze mit Judy<br />

Garland (*1922+1969) und Yvonne de Carlo (*1922+2007), seine Liebesspiele mit "Dokki", Safieh,<br />

Elga Andersen (*1935+1994) und Maria Gabriella von Savoyen, seine nächtlichen Eskapaden in<br />

Teherans Colby-Bar oder an der Cote d'Azur, seine plötzliche Visite beim Papst in Rom - dies alles<br />

hielt das Publikum in Atem, während es Mitleid mit seiner zweiten Ehefrau Soraya Esfandiary<br />

Bakhtiari (*1932+2001) empfand. Mohammed Resa war der prominenteste Playboy der fünfziger<br />

Jahre -während in seinen Kellern grausam und bestialisch gefoltert wurde.<br />

Im Jahre 1953 hatte der amerikanische Geheimdienst CIA im Iran erfolgreich einen<br />

Putsch gegen den Ministerpräsidenten Mossadegh (*1892+1967; Premierminister 1951-1953)<br />

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