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DEUTSCHLAND VON ÜBERMORGEN - UNBÄNDIGE<br />

AGGRESSIONEN IN FRANKFURTS CITY<br />

Märkte geöffnet, neue Konsum-Tempel gebaut, riesige Büroflächen hochgezogen.<br />

Arme, Arbeitslose und Alte umgesiedelt - im Umland "versteckt". Bankfurt, Krankfurt,<br />

Zankfurt. Das CDU-Vermächtnis einer maroden Metropole; für Profite optimal, für<br />

Menschen seelenlos. Alle 23 Sekunden passiert ein Verbrechen. Jeden dritten Tag bringt<br />

sich ein Mensch um. Jeden Tag werden Frauen wehrlose Opfer einer Vergewaltigung.<br />

Hinter neureichen Fassaden nistet Wut, Verzweiflung, Hass. Frankfurt Ende der achtziger<br />

Jahre - das sind Ereignisse in einer durch Ohnmacht und Gewalt gekennzeichneten<br />

Wirklichkeit - Bilder einer deutschen Metropole.<br />

Vorwärts, Bonn vom 28. Februar 1987 – Spiegel-Buch, Hamburg vom 2. September 1981<br />

Vom Taunus her betrachtet gleicht Frankfurt einer panoptischen Filmvision des<br />

kommenden Jahrhunderts. Silhouetten liefern den Aufriss einer schnörkellosen Metropole der<br />

scharfen Spiegelglas-Kanten, die mehr Digitaluhren <strong>als</strong> Bäume, demnächst vielleicht auch mehr<br />

Brunnen <strong>als</strong> Parkflächen, mehr Grashalme <strong>als</strong> Arbeitsplätze kennt. In Spiegelglas verkleidete<br />

Wolkenkratzer überragen wahllos ein mausgraues Häuser-Gekrümel. An die drei Dutzend Beton-<br />

Bananen prägen die so genannte "städtebauliche Dominanz" für Versicherungen, Banken,<br />

Gewerkschaften, Konzerne - und natürlich fürs Fernsehen mit seinem 331 Meter hohen<br />

Turmschaft. An den ausgefransten Stadträndern haben sich wachstumsbesessene Industriegiganten<br />

festgebissen. Riesenkrebse, die Flüsse verseuchen, Wiesen vergiften und trickreich eine Schneise<br />

nach der anderen in die angrenzenden Wälder schlagen.<br />

Frankfurt am Main, das ist die Metropole für die Wirtschafts- und Finanzwelt in diesem<br />

Land, ein Banken- und Börsenimperium mit 338 Kreditinstituten. Über 600.000 Mitarbeiter im Inund<br />

Ausland lassen sich aus dieser Stadt steuern. Der Umsatz ihrer Produkte kletterte erst 1986 auf<br />

mehr <strong>als</strong> 50 Milliarden Mark. Frankfurt am Main - das ist auch der Verkehrsknotenpunkt der<br />

Republik. Allein der Flughafen: Über 235.000 Starts und Landungen, über 17 Millionen Menschen<br />

schnaufen jährlich über die computergesteuerten Verladerampen. Frankfurt am Main ist schließlich<br />

die teuerste Stadt in Europa. Einer Expertise des Europäischen Management-Zentrums zufolge<br />

muss ein Unternehmen mit einem Jahresumsatz zwischen 36 bis 72 Millionen Mark für den<br />

Unterhalt eines Verkaufsmanagers und dessen Büro in Frankfurt rund 231.000 Mark per anno<br />

aufwenden. Frankfurt am Main - das ist teuerste Stadt in Europa. Einer Expertise des<br />

Europäischen Management-Zentrums zufolge muss ein Unternehmen mit einem Jahresumsatz<br />

zwischen 36 bis 72 Millionen Mark für den Unterhalt eines Verkaufsmanagers und dessen Büro in<br />

Frankfurt rund 231.000 Mark per anno aufwenden.<br />

Frankfurt am Main - das ist aber auch der Kristallisationspunkt der ausgebufften<br />

Werbebranche zwischen Glanz und Glimmer, zwischen Empfindungen und Befindlichkeiten,<br />

zwischen Stars und Strips - eben ein Warentextmarkt für Deutschland. Übersättigt und ausgelaugt<br />

ist er allemal, auf dem es aber stets neue Konsumgier und Kauflust zu entfachen gilt. Ob Marlboro,<br />

Camel oder West, ob Durchbruch oder Aufbruch, nicht weniger <strong>als</strong> 300 Werbeagenturen proben<br />

hier produktbezogene Enthemmungsstrategien.<br />

Tatsächlich sind Bankfurt, Zankfurt, Krankfurt längst zu Synonymen für Frankfurt<br />

geworden. Eine Stadt, die sich selber frisst, die Lebensräume abkappt und Nischen zuschüttet. Hier<br />

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