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Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

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der spitzfindig "die Leit, auch was für Leit" einb<strong>als</strong>amiert. Als Staatsmann "von denen da oben"<br />

reiste er an, <strong>als</strong> einer von ihnen, "der kleinen Leuten", will er wieder von hinnen ziehen. Der Duden<br />

definiert die Sophistikation <strong>als</strong> einen "reinen Vernunftschluss, der von etwas, was wir kennen, auf<br />

etwas anderes schließt, von dem wir keinen Begriff haben, dem wir aber trotzdem objektive Realität<br />

zuschreiben."<br />

In den dreizehn Oppositionsjahren (1969-1982) der Union hatte Heiner Geißler wenig<br />

Skrupel, uralte antidemokratische Ressentiments, hohle Vorurteile, abgenutzte Klischees gegen "die<br />

Klasse da oben" mitzutragen, wo immer er auftrat, kräftig anzuheizen, sich quasi <strong>als</strong> Sprachrohr<br />

rechtschaffender Kleinbürger mit ihren angesparten Aktienpaketen von Veba bis VW coram<br />

publico zu empören: "Die Erblast sozialistischer Misswirtschaft" zuvörderst, "das Bonzentum im<br />

gewerkschaftseigenen Unternehmen Neue Heimat" hier, "F<strong>als</strong>chspieler der sozialliberalen<br />

Koalition" dort, aber auch "Sozialisten können wirklich nicht mit Geld umgehen, das haben sie<br />

doch längst bewiesen." All die speziell in einem gesonderten Mitarbeiter-Stab ausgetüftelten,<br />

unterminierenden Tiraden entsprachen den grobschlächtigen Instinkten derer, die sich <strong>als</strong> "kleine<br />

Leute" verschaukelt, von "den Großen" unentwegt ausgenommen fühlen, die ja angeblich allesamt<br />

permanent in die eigene Tasche wirtschaften.<br />

Heiner Geißler war sich zu jener Zeit überhaupt nicht zu schade, die inzwischen lauth<strong>als</strong><br />

beklagte Staats- und Parteien-Verdrossenheit im Lande nachhaltig zu schüren. Obwohl zuvörderst<br />

seine CDU sowie die Schwester CSU im undurchsichtigen Sumpf von Steuerhinterziehungen,<br />

Schmiergeldern, ausländischer Briefkasten-Firmen tief drinstecken - und das keineswegs nur in der<br />

Milliarden-Affäre, aufgedeckt im Jahre 1980, um den Düsseldorfer Flick-Konzern.<br />

Schließlich war es doch kein anderer <strong>als</strong> sein Bundeskanzler Helmut Kohl (1982-1998),<br />

der vielversprechend hingebungsvoll, seine Hand aufhielt, <strong>als</strong> der Flick-Konzern ihn bar mit<br />

insgesamt 260.000 Mark beglückte. Vielleicht mag Helmut Kohl in seiner "finanziellen<br />

Zuwendungsphase, diesem weiten, differenzierten Feld" und den damit verknüpften, knallharten<br />

Erwartungen irritiert an 40. Präsidenten der Vereinigten Staaten Ronald Reagan (1981-1989;<br />

*1911+2004; ) gedacht haben, über den er später einmal mit idealisiertem Unterton sagte: "Wenn<br />

er ja sagt, meint er ja. Wenn er nein sagt, meint er nein. So möchte ich auch sein." Seit die<br />

CDU/CSU die Regierungsverantwortung 1982 übernommen hat, kann Heiner Geißler natürlich<br />

diese Korruption suggerierende Grob-Schnitzerei nicht mehr ungestraft fortsetzen. Doch diffizil zu<br />

nuancieren, unter nach oben wie oben nach unten zu kehren, hat er ebenso fein raus wie das<br />

knallharte, kalkulierte Putzmachen.<br />

Natürlich weiß ein Mann wie Geißler um verborgene Sehnsüchte nach Identifikation mit<br />

den Mächtigen dieser Republik. Sonst wäre der Aufschrei bei ihren Verfehlungen ganz gewiss nicht<br />

so groß. Natürlich kennt er die Vorbehalte gegen seine denunziatorischen Rammhämmer. Ihm ist<br />

aber vor klar, dass er im Silzer Kultursaal nur etwas bewegen kann, wenn er der bodenständigen<br />

Verwachsenheit mit Rapunzel und Reblaus glaubwürdig huldigt. Also fühlt er sich in seinem<br />

Wahlkreis Menschen und Landschaft "so eng verbunden, dass für mich ein Stück zu Hause<br />

wahrhaftig wurde". Das habe auch der Bundeskanzler bemerkt, "bei dem ich gerade noch war, der<br />

mir wohl deshalb besonders aufdringlich auftrug, Ihnen seine besten Grüße und Wünsche zu<br />

übermitteln. Sie können sich vielleicht ausmalen, wie knochenhart die Regierungsgeschäfte<br />

heutzutage sind. Aber unser Bundeskanzler kneift nicht vor unserer Zukunft. Er sitzt auch keine<br />

Probleme aus, er stellt sich unerschrocken den Schicks<strong>als</strong>fragen und arbeitet unerbittlich für eine<br />

Wende zum Besseren."<br />

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