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Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

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Engagement für die Karriere und Konkurrenz: das ist die Antriebsfeder vielerorts. Aber in<br />

Bonn, wo so viele ihren Durchbruch suchten, hat sich dieser seelenlose Ehrgeiz für manchen<br />

bedrohlich verselbständigt. Um so schlimmer dann, wenn das Ende drohte, der Rausschmiss aus<br />

dem Kabinett. Ich habe miterlebt, wie aus ehem<strong>als</strong> starken, einflussreichen Repräsentanten<br />

sozialdemokratischer Politik quasi gebrochene Streichhölzer wurden. Im Jahre 1978 mussten drei<br />

Männer und ich aus dem Kabinett zurücktreten. Helmut Schmidt wollte unbedingt ein Kabinetts-<br />

Revirement mitten in der Legislaturperiode, um die neuen Minister für den nächsten Wahlkampf<br />

gut vorzubereiten. Das kam für mich ganz plötzlich; ich hatte mich innerlich darauf eingestellt,<br />

wenigstens vier Jahre im Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit meiner Arbeit nachgehen<br />

zu können. Mit mir mussten der Arbeits- und Sozialminister Walter Arendt, (*1925+2005) der<br />

Bildungsminister Helmut Rohde und der Verteidigungsminister Georg Leber ihren Schreibtisch<br />

räumen. Verwundungen bei den drei Männern und bei mir.<br />

Für Walter Arendt, den Arbeiterführer aus dem Ruhrgebiet, musste sein Bonner Abgang<br />

in dieser Form ein zerstörendes Erlebnis gewesen sein. Aschfahl, in sich zusammengesunken wie<br />

ein alter Mann, wortkarg nahm er seine Entlassungsurkunde entgegen. Er hat sein Verhalten zu<br />

Helmut Schmidt nie wieder in Ordnung bringen können, was er vielleicht auch gar nicht mehr<br />

wollte. Georg Lebers Beziehung zum Kanzler entspannte sich erst, <strong>als</strong> er von ihm zum Papst<br />

mitgenommen wurde. Helmut Rohde hat immer darunter gelitten, dass er im Kabinett, und wohl<br />

insbesondere bei Helmut Schmidt, nicht die Resonanz fand, die er brauchte; dass seine Vorlagen<br />

schnell abgehandelt wurden und in den Aktenkoffern verschwanden. Dabei hatte er in kurzer Zeit<br />

gute Arbeit geleistet, eine Akzentverschiebung von der Universität zur betrieblichen Ausbildung<br />

vorgenommen. Rohde wusste, dass seine Stunden im Kabinett gezählt waren.<br />

Häufig folgen Ministerabgänge einer anderen Dramaturgie. Gewöhnlich fängt es in den<br />

Medien zuerst zu klicken ab, mit Floskeln wie: Aus Kanzler-Nähe war zu erfahren ... ... Wenn sich<br />

solche Hinweise wieder-holen, können die betroffenen Personen davon ausgehen, dass gegen sie<br />

etwas ausgekocht wird. Folge-richtig informierten wir uns über unsere Entlassung zuerst aus der<br />

Morgenzeitung. So früh am Morgen habe ich das nicht glauben können. Ich ging noch davon aus,<br />

dass man so etwas einem direkt ins Gesicht sagt. Fehl-anzeige. Dann glaubte ich, dass sich da<br />

jemand unbefugt den Mantel der Kanzler-Nähe umhängte, um eine Kanzler-Meinung zu<br />

präjudizieren. Andererseits war ich mir ziemlich sicher, dass Helmut Schmidt niem<strong>als</strong> über mich<br />

mit Journalisten geredet hatte -zumindest nicht über solche personell weitreichenden Dinge. Das<br />

traute ich ihm nicht zu, obwohl er ja gerne mal was erzählte. Und im übrigen hätte er mich auch<br />

ohne die Zeitungen loswerden können. Er musste mich doch kennen <strong>als</strong> eine, die ganz verständig<br />

auf den Platz geht, wo sie noch gebraucht wird. Diese Art, meinen Abgang einzufädeln, war<br />

überhaupt nicht in Ordnung. Ich war von ihm <strong>als</strong> Arbeitspartner völlig enttäuscht und davon, dass<br />

mir die Aufgabe genommen wurde, auf die ich mich eingestellt hatte, nämlich gezielt den<br />

Menschen in der Dritten Welt Selbsthilfe zu ermöglichen. Im Vergleich zu anderen bin ich aber<br />

seelisch heil raus-gekommen. Wenn man von der Politik nicht abhängig ist und in seinen Beruf<br />

zurück kann - das stabilisiert einen enorm.<br />

Helmut Schmidt warf mir vor, das Ministerium nicht straff genug zu führen und zu viel zu<br />

reisen. Auch mein Umgang mit den Staatsfinanzen entsprach nicht seinen Vorstellungen. Seine<br />

Kritik war aber nicht berechtigt. Denn in der Entwicklungshilfe wird Geld eben anders ausgegeben<br />

<strong>als</strong> in anderen Teilen der Verwaltung . von der Langwierigkeit der Projekte und von der Mentalität<br />

der Menschen in der Dritten Welt ganz zu schweigen. Die Arbeit hat dort nun mal nicht den<br />

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