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Jahre später, <strong>als</strong> Petra Kelly zwischen 1971 und 1982 <strong>als</strong> Verwaltungsrätin bei der Europäischen<br />

Gemeinschaft in Brüssel arbeitete, litt sie unter der Behäbigkeit der Bürokratie. Jahre später litt die<br />

sich oft unverstanden gefühlte Petra Kelly unter den Grünen Parteikollegen auf den Abgeordneten-<br />

Bänken im Parlament. Dort im Deutschen Bundestag fungierte sie im Jahr 1983 <strong>als</strong> Sprecherin<br />

ihrer Fraktion. Und im Jahr 1980 gründete Petra Kelly mit dem Friedensforscher Theodor Ebert<br />

im westfälischen Minden den Bund für Soziale Verteidigung.<br />

Petra Kelly weilte natürlich nicht unter den 30 Jugend-Offizieren der Bundeswehr im<br />

niedersächsischen Fallingbostel. Nur mit ihrer Ausstrahlung, ihrem Sendungs-Bewusstsein, da hatte<br />

sie so manche Soldalten der Bundeswehr längst mit den Grünen-Botschaften erreicht. Fragen wie<br />

"ist eine gewaltfreie Konfliktaustragung, eine soziale Verteidigung" möglich? Sicherlich ist soziale<br />

Verteidigung, ziviler, nicht-militärischer, gewaltloser Widerstand gegen Aggression, Intervention<br />

zum Abschreckungssystem im Sinne einer funktionalen Äquivalenz keine kurzatmige<br />

Lösungsmöglichkeit zum angeblichen militärischen Gleichgewicht, etwa zwischen Ost und West.<br />

Doch gemeinsam mit dem Politikwissenschafter Theodor Ebert (Professor am Otto-Suhr-Institut<br />

in Berlin, 2002) entwarf Petra Kelly unter dem Begriff der Sozialen Verteidigung eine Alternative<br />

zur Kriegsführung, Kriegsbedrohung, Kriegsvernichtung dieser Epochen. Langfristig und im<br />

komplexeren Sinne hinterfragt, ermögliche die Soziale Verteidigung gleichwohl ein anderes<br />

Denken, "weil die gesellschaftlichen Grundlagen radikal in Frage gestellt werden, auf denen das<br />

bestehende Drohsystem aufrecht erhalten wird und die den Herrschenden in Ost wie West, Süd<br />

und Nord ständig ermöglichen, dessen Ausbau, Perfektionierung kritiklos propagieren zu können"<br />

(Theodor Ebert).<br />

Nach Auffassung der NATO will das Abschreckungssystem keinen militärischen Sieg<br />

garantieren, sondern den Ausbruch eines Krieges verhindern. Aber es ist gerade die so genannte<br />

drohende Gewaltanwendung, die Petra Kelly heftigst kritisiert. Für sie ist es unsinnig, dass mit einer<br />

militärischen Drohung, offene Gewaltanwendung und militärische Konflikte - auch durch die<br />

laufende Perfektionierung der Kriegswaffen-Technologie -verheerende Vernichtungs-Feldzüge<br />

verhindert werden können. Petra Kelly: "Wir wissen doch längst, dass der Versuch durch<br />

Abschreckung Kriege zu vermeiden, das Gegenteil erreicht wird - nämlich die systematische<br />

Vorbereitung von Kriegen." Auch nehme die viel gepriesene Abschreckungspolitik dem Gegner die<br />

Chance, die bei ihm vermuteten aggressiven Erwartungen zu widerlegen, da das militärische<br />

Gewaltsystem auf allen denkbaren Ebenen Vergeltung androhe.<br />

Die Soziale Verteidigung hingegen, urteilte Petra Kelly, sei ein klassischer Bestandteil der<br />

Theorien von gewaltfreier Konfliktaustragung. Gemeinsam mit Theodor Ebert trachtete Petra<br />

Kelly danach, historische, spontane und konzeptionslose Einsätze gewaltloser Methoden zu einer<br />

tragfähigen Strategie zu entwickeln. - Kärrnerarbeit. Ausgangsbasis sei die Theorie der "Macht von<br />

unten durch gewaltfreie Aktion". Bisher seien in der Politik-Wissenschaft Konflikte untersucht<br />

worden, in denen unterprivilegierte Schichten um mehr soziale Gerechtigkeit und um die Änderung<br />

sozialer Strukturen gekämpft hatten. Für den Friedensforscher Theodor Ebert waren derlei<br />

Auseinandersetzungen typisch, wie die Etablierten pazifistische Akteure mit ihren bürokratischen<br />

Apparaten erfolgreich ausmanövrierten.<br />

Die Grundform des Widerstands ist, dem Aggressor den Gehorsam zu verweigern und<br />

nach der demokratischen Grundordnung der eigenen Gesellschaft mit gesteigerter<br />

Einsatzbereitschaft die selbst gesetzten Aufgaben, Ziele, Lebens-Ideal zu erfüllen. Die soziale<br />

Verteidigung ist kein Hungerstreik der Nation, sondern gesteigerte Normalität unter "abnormen<br />

Bedingungen".<br />

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