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Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

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Wenn Payot frühmorgens in seiner geheimnisvollen Mission von irgendwoher -vermutlich<br />

Frankreich - nach Genf zurückkehrt, haben seine Mitarbeiter die internationale Presse schon<br />

durchforstet. Nach Ländern gegliedert, liegen die Artikel mit seinem Namen auf dem stumpfen<br />

Parkettboden: Payot und nochm<strong>als</strong> Payot. Sein Name ist nicht zu übersehen. Mit grünem Filzstift<br />

unterstrichen, hebt er sich bedeutungsvoll vom sonstigen Krisengerangel ab.<br />

Als sei ihm das Zeitungsgequatsche egal, schlendert der Jungadvokat an der stattlichen<br />

Kollektion vorbei und macht vor einem englischen Spiegel halt. Nach dem Motto, "Spieglein,<br />

Spieglein an der Wand, was gibt es Neues im Land", riskiert einen Blick auf den übernächtigten<br />

jungen Rechtsanwalt, der auf so dramatische Art plötzlich weltberühmt wurde.<br />

Dabei fühlt sich Denis Payot nicht bloß <strong>als</strong> einfacher "Kontaktmann zwischen der<br />

deutschen Regierung und den Entführern." Ein "Vermittler in eigener Regie und Verantwortung"<br />

will er sein. Den Terroristen will er verdeutlicht haben, dass er die "Entführung missbilligt". Was<br />

Payot von der Rechtsordnung der Bundesrepublik hält, präzisiert er: "Dort würde ich zum<br />

Sympathisanten gezählt und von der Verteidigung der Terroristen ausgeschlossen, obwohl das eine<br />

völlig f<strong>als</strong>che Einstufung wäre." Mit der Bundesrepublik hat er sowieso nicht viel im Sinn: "Da<br />

herrscht ein schreckliches Klima", und über den Bonner Krisenstab im Kanzleramt könne er zu<br />

gegebener Zeit "einige Lächerlichkeiten publik machen, die die Blamage perfekt machten."<br />

Publizität ist das Schlüsselwort für die Schlüsselfigur Payot. Auch Bonn hat seinen<br />

Selbstdarstellungsdrang erkannt. Regierungssprecher Grünewald will ihn noch ein bisschen bei<br />

Ruhe halten, "so sehr er auch bestrebt ist, die Aufmerksamkeit auf sich zu richten". Das wird den<br />

Bonnern kaum gelingen. Denn Denis Payot - erst seit 18 Monaten Anwalt - will sich jetzt in Sachen<br />

Humanität einen internationalen Namen machen. Da nützt es wenig, wenn das Bundeskriminalamt<br />

ihn bittet, die Mitteilungen geheim zu halten. Payot lässt alle Details an Schweizer Redaktionen<br />

durch-telefonieren. Ein Schweizer lasse sich nun mal nicht das Maul verbieten.<br />

Als er an diesem Nachmittag seine Kanzlei am Boulevard Georges Favon betritt, hängt<br />

sich eine Traube von Journalisten an den kraushaarigen Juristen. In der Pose eines UNO-<br />

Diplomaten wimmelt er alle Fragen ab. Auf "Monsieur Payot" reagiert er erst gar nicht. Auf<br />

"Maître Payot" (Maître ist in französischsprachigen Ländern die respektvolle Anrede für Anwälte)<br />

ließ er einen Korrespondenten wissen, er werde um 19 Uhr eine "wichtige Erklärung" abgeben. Die<br />

Journalisten rasen zum Pressezentrum der UNO zurück, telefonieren mit ihren Redaktionen. Denn<br />

zur selben Stunde tagt am Rhein der Große Krisenstab und ein neues Ultimatum läuft um 24 Uhr<br />

ab. Kurz vor 19 Uhr scharen sich 50 Korrespondenten vorm Fernschreiber. Erwartungsvoll wird<br />

die Meldung vom Ticker gerissen. "Maître Payot teilt mit, 'er werde weiter zur Verfügung stehen<br />

und dankt den Journalisten für ihre Arbeit' ".<br />

Am nächsten Tag drängt es den Meister wiederum, in der Presse zu stehen. Gleich zwei<br />

Erklärungen sind geplant. Um 15 Uhr verurteilt er auf einer Pressekonferenz die Folter in Israel.<br />

"Maître Payot" habe sich zwar nicht vor Ort informieren können, sei aber von der Richtigkeit der<br />

Dokumente überzeugt. Um 17. 15 Uhr teilt er der Öffentlichkeit nichts Neues im Fall Schleyer mit.<br />

Die Meldung des nächsten Tages: "Vorwürfe Payots gegen Israel." -Payot bestätigt, Botschaften<br />

erhalten zu haben."<br />

Eine Zeitung, die auf seinem Schreibtisch liegt, ist ihm besonders ans Herz gewachsen.<br />

Das Schweizer Boulevard-Blatt "Tat" berichtete in großen Lettern: "Schmidt schnauzt Anwalt<br />

Payot an." Daneben zwei Fotos, die den Kanzler und den Jungjuristen mit einem Telefonhörer<br />

zeigen. Helmut Schmidt schaut ernst drein, Payot lächelt staatsmännisch. Danach gefragt, ob er mit<br />

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