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Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

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Instruction 1/57: "Die ganze Weisheit beim Staatsstreich besteht darin, dass er einen<br />

plötzlichen, entschlossenen Schlag ins Herz der Regierung darstellt, einen Dolchstoß, der gleich<br />

beim ersten Stoß bis zum Heft eindringt ...".<br />

Instruction 9/57: "Es gibt wahrscheinlich keinen besseren Weg, dieses Ziel zu erreichen,<br />

<strong>als</strong> durch ein oder zwei geschickte Mörder ...".<br />

Instruction 37/57: "Das allgemeine Ziel der Angriffsperiode ist es, durch plötzliche<br />

Gewaltanwendung den gesamten Teil des Staatsapparates, der wirksamen Wider-stand leisten<br />

könnte, kopflos zu machen und in Verwirrung zu bringen ... Die Nachrichtenverbindungen der<br />

Regierung müssen unterbrochen werden. In dieser Hinsicht sollten die Aufständischen äußerst<br />

rücksichtslos sein."<br />

Instruction 49/57: "Wenn der Staatsstreich gelingt, wird eine Zeit kommen, wo die<br />

Anhänger der alten Regierung nur noch an Flucht denken ... Wenn das Rückgrat des Widerstands<br />

gebrochen ist, werden die Fliehenden ein leichtes Ziel bieten. Je schneller die Truppen die<br />

Fluchtwege kontrollieren können, desto reicher wird wahrscheinlich die Ernte sein. Auch hier ist<br />

die Verfolgung wie in herkömmlichen Kriegen die Krone des Sieges ...".<br />

Instruction 54/57: "Zumindest in der Vergangenheit wurden den technischen<br />

Einzelheiten des Staatsstreiches zu wenig militärische Erwägungen gewidmet. Es ist vielleicht<br />

natürlich, dass der Staatsstreich kein Studienobjekt an den meisten Offiziersschulen war ... In vieler<br />

Hinsicht erscheint diese Vernachlässigung <strong>als</strong> unangebracht, denn es ist möglich, dass der<br />

Staatsstreich in den militärischen Überlegungen der Zukunft eine immer größere Rolle spielen<br />

wird."<br />

Pinochets Coup, der heute pathetisch die "Revolution vom 11. September" genannt wird,<br />

war meisterlich durchdacht. Nach vier Stunden war alles vorbei. Salvador Allendes Präsidentschaft<br />

(1970-1973) war mit seinem Versuch gescheitert, auf demokratische Wege eine sozialistische<br />

Gesellschaft zu etablieren. Allende hatte gegen eine Bourgeoisie gekämpft, die nicht bereit war, von<br />

ihrem Reichtum etwas abzugeben, die vielmehr um ihre Pfründe fürchten musste. Allendes<br />

Wirtschaftspolitik sah ihre vordringliche Aufgabe in einer entschädigungslosen Verstaatlichung der<br />

Bodenschätze - speziell Kupferbergbau -, die Enteignung von ausländischen Großunternehmen,<br />

auch der Banken und eine Agrarreform, bei der 20.000 Quadratkilometer Fläche von<br />

Großgrundbesitzern an Bauern und Kollektive übergeben wurden. Verbessert hatte sich durch<br />

Allende nämlich zunächst sehr schnell die wirtschaftliche Lage der Arbeiter und der Unterschicht.<br />

Löhne wuchsen um 30 bis 6o Prozent, Preise für Grundnahrungsmittel und Mieten wurden<br />

eingefroren, jedes Kind bekam Schuhe und täglich ein Liter Gratismilch in der Schule;<br />

Kindersterblichkeit sank um 20 Prozent, Arbeitslosigkeit um 8,8 Prozent. Mit seiner anfänglich<br />

erfolgreichen Sozialpolitik folgte Allende sowohl sozialistischen Idealen der 70er Jahre des 20.<br />

Jahrhunderts <strong>als</strong> auch einer südamerikanischen Tradition "populistischer" Nachfragepolitik. Doch<br />

allesamt wurde Allendes sozialistisches Chile mittels glasklarer US-Handels- und Kreditembargos<br />

vom Tisch gefegt, in den Abgrund getrieben; Privatinvestitionen sanken, Gelder ins Ausland<br />

transferiert.<br />

Die Wirtschaft des Landes stand folglich vor dem Ruin, abhängig vom amerikanischen<br />

Kapital, das Chile wegen der Verstaatlichung einiger wichtiger US-Unternehmen boykottierte.<br />

Schwere Wirtschaftskrisen samt Streiks durchschüttelten das Land, Rationierungen und hohe<br />

Inflationen bis zu 600 Prozent bestimmten den Krisen geschüttelten Alltag. Der US-Geheimdienst<br />

CIA hatte bereits zu diesem Zeitpunkt vorsorglich acht Millionen Dollar zur "Destabilisierung der<br />

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