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Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

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Ob bewusst oder unbeabsichtigt, ob aus eigener unternehmerischer Kraft oder mit Hilfe<br />

der angeschlagenen kapitalistischen Wirtschaft - in die Rolle einer sozial-ökonomischen Avantgarde<br />

ist die alternative Bewegung bereits hineingewachsen. Beinahe unmerklich und für viele noch<br />

immer nicht erkennbar, hat sie die Grenzen überschritten, die gemeinhin das Wirtschaftliche vom<br />

Kulturellen, den Gelderwerb von der Selbstverwirklichung trennen. Die althergebrachte These, die<br />

Bedeutung schattenökonomischer Betriebsamkeit nehme besonders in Depressionszeiten zu, ist<br />

sicher richtig. Aber sie reicht nicht mehr aus, die Existenz der Alternativ-Bewegung zu erklären.<br />

Denn sie verkürzt die Alternativ-Wirtschaft auf eine mehr oder minder saisonale<br />

Erscheinungsform, die sich bei entsprechender Konjunktur auch wieder eindämmen ließe. Was der<br />

alternativen Schattenwirtschaft dagegen ihre Dimension gibt, ist die Tatsache, dass sie schon heute<br />

volkswirtschaftlich und sozialpolitisch bedeutende Felder besetzt und mit ihren facettenreichen<br />

Wesensmerkmalen neu gestalten dürfte.<br />

Einen deutlichen Hinweis darauf lieferte eine Untersuchung des Zentralinstituts für<br />

sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin. Anhand von 64 Berliner<br />

Alternativ-Projekten wiesen Wissenschaftler nach, welche öffentlichen Aufgaben die so genannte<br />

Aussteiger-Generation in eigener Regie bereits übernommen hat und weitsichtig lösen will.<br />

Auszüge aus der Stellungnahme:<br />

• Beschäftigungspolitisch schaffen Alternativprojekte Arbeitsplätze. Allein in Berlin<br />

haben sie aus eigener Kraft mindestens 4.000 bis 5.000 Arbeitsplätze neu eingerichtet.<br />

Es ist allgemein bekannt, dass Großunternehmen trotz aller Riesensubventionen in<br />

den letzten zehn Jahren keinen Arbeitslosen von der Straße geholt haben. Der<br />

Zuwachs an Arbeitsplätzen kommt heute ausschließlich von Klein- und<br />

Mittelbetrieben sowie von Dienstleistungsprojekten. Dies gilt für alle westlichen<br />

Industrieländer.<br />

• Wirtschaftspolitisch tragen Alternativ-Projekte dazu bei, die durch Konzentration<br />

und Monopolisierung schwer beschädigte Struktur von Kleinbetrieben wieder<br />

aufzubauen. Kleinbetriebe und Einrichtungen vor Ort sind das A und O einer<br />

lebensnahen Versorgung der Bevölkerung.<br />

• Stadtpolitisch helfen Alternativ-Projekte damit, mehr Lebensqualität zu ermöglichen.<br />

Sie sind überwiegend Stadtteil- und auf die Nachbarschaft bezogen. Sie sind ein<br />

Stück praktizierte Stadtteil- und Gemeinde-Entwicklung.<br />

• Jugendpolitisch sind Alternativ-Projekte weit wirksamer <strong>als</strong> vergleichbare staatliche<br />

Einrichtungen. Die Einbindung in lebendige Arbeits- und Lebenszusammenhänge<br />

erfolgt in Alternativ-Projekten eben tatsächlich und ist keine aufgepfropfte<br />

institutionelle Kontrolle.<br />

456<br />

• Sozialpolitisch sind Alternativ-Projekte Kosten sparend und in der Methode<br />

wegweisend. An Sozialarbeiterschulen werden sie nicht umsonst <strong>als</strong> eine Möglichkeit<br />

"präventiver Sozialarbeit" betrachtet. Sie entlasten Arbeitsmarkt und Sozialhaushalt<br />

gleichermaßen, indem sie Menschen auffangen, die anderenfalls <strong>als</strong> sozial<br />

Benachteiligte den Sozi<strong>als</strong>taat in Anspruch nehmen müssten. Darüber hinaus<br />

schaffen die Projekte für ihre Mitglieder Einkommen, erübrigen teure Gebäude-,<br />

Einrichtungs-, Betriebs- und Personalkosten und ersparen Arbeitslosen- und<br />

Sozialgelder.

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