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Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

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Der Bischof kann zwei Kidnappern ins Gesicht sehen. Der eine trägt eine rahmenlose,<br />

quadratische Brille, der andere hat grobe Züge, die Wangen voller Narben. Dann stülpen ihm seine<br />

Peiniger eine Kapuze über den Kopf.<br />

Im rasenden Tempo kurvt der Wagen durch die Stadt, kommt in Außenbezirke, fährt über<br />

Pflaster- und Lehmstraßen. Dom Adriano verliert die Orientierung. Nach einiger Zeit reden die<br />

Gangster miteinander. Der eine zum anderen: "Das wird uns 4000 bringen." Noch im Wagen<br />

machen sie sich über den Bischof her. Sie boxen ihn ins Gesicht und in den Magen, sie schneiden<br />

ihm die Knöpfe seiner Soutane ab. Sie reißen ihm den Rosenkranz und zwei Notizbücher aus den<br />

Taschen.<br />

Dann bremst der Wagen, "Raus, du Hurenbock", kommentiert einer. Dom Adriano spürt,<br />

dass er auf einem Lehmweg steht. Ihm werden die Kleider vom Leib gezerrt. Nackt - nur die<br />

Kapuze auf dem Kopf - steht der 59jährige Jesuit vor seinen Schindern. Die machen sich über<br />

seinen Penis lustig. Sie brüllen, er habe mit Prostituierten Kirchengelder durchgebracht. Auch seine<br />

Mutter sei eine Nutte und habe sich im Hafen von Recife verkauft.<br />

Die Kidnapper setzen Dom Adriano eine Flasche Zuckerrohr-Schnaps an den Mund und<br />

zwingen ihn zu schlucken. Der Bischof bekommt keine Luft mehr, er wird für einen Moment<br />

ohnmächtig. Die Mannschaft aus dem zweiten Kidnapper-VW hat sich seinen Neffen Fernando<br />

vorgenommen.<br />

Als die Entführer sehen, dass der Bischof wieder bei Bewusstsein ist, brüllt ihn einer an:<br />

"Deine Stunde ist gekommen, roter Verräter." Ein anderer: "Für Kommunisten-Schweine kennen<br />

wir nur den Tod." Ein Dritter: "Gib zu, dass du ein Kommunist bist, elender Hund."<br />

Dom Adriano will den Schlägern antworten, er stammelt: "Ich bin kein Kommunist. Ich<br />

war keiner, ich werde auch nie einer sein. Ich verteidige nur mein Volk." Dom Adriano wird an<br />

Händen und Füssen gefesselt. Dann sprühen sie mit Spraydosen seinen nackten Körper ein. "Oh,<br />

wird das schön brennen", feixen sie. Dom Adriano betet. Er glaubt, sie würden ihn verbrennen.<br />

Doch er wird wieder ins Auto geschleift. Eine neue Irrfahrt beginnt. Als der Wagen stoppt, sagt<br />

einer der Entführer: "Der Chef hat angeordnet, dich heute noch nicht zu töten. Wir haben dir nur<br />

eine Abreibung gegeben, damit du aufhörst, Kommunist zu sein."<br />

Sie nehmen Dom Adriano die Kapuze ab, stoßen ihn aus dem Wagen, er fällt mit dem<br />

Gesicht auf den Bürgersteig. Nackt und gefesselt liegt der Bischof von Nova Iguacu auf dem<br />

Gehweg einer Ausfallstraße von Rio de Janeiro. Sein ganzer Körper ist rot gefärbt. In den<br />

Spraydosen war Farbe. Es ist 21.45 Uhr. Zweidreiviertel Stunden haben die Misshandlungen<br />

gedauert. Ein Autofahrer entdeckt den Bischof, bringt ihn zum nächsten Pfarrhaus. Seine erste<br />

Frage: "Wo ist Fernando?" Fernando lebt, die Gangster haben ihn zusammengeschlagen und<br />

ebenfalls aus dem Wagen geworfen.<br />

Dom Adrianos verlassener Volkswagen wird in derselben Nacht von den Entführern vor<br />

das Haus der Nationalen Bischofskonferenz im Stadtteil Gloria in Rio de Janeiro gefahren und dort<br />

in die Luft gesprengt. Ebenfalls in derselben Nacht explodiert in der Wohnung des katholischen<br />

Journalisten Roberto Marinho eine Bombe. Marinho ist Direktor des Medienkonzern "O Globo".<br />

Der Terror gegen katholische Geistliche in Brasilien hat System. Einige Wochen vorher<br />

war Pater Rudolfo Lunkenbein im Bundesstaat Mato Grosso erschossen worden. Er hatte sich für<br />

die Lebensrechte der von Ausrottung bedrohten Indianer eingesetzt. Sein Amtsbruder Joao Bosco<br />

Penido Burnier wurde auf der Polizeistation im Norden des Landes erschossen, <strong>als</strong> er dagegen<br />

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